Koenigsbrunner Zeitung

Kurios und oft gnadenlos

Bei Google Maps kann jeder nach Lust und Laune bewerten und kommentier­en. Wie das Augsburger Land dabei abschneide­t.

- Von Maximilian Czysz Kommentar

Es ist fast schon ein Volkssport, für den es aber weder Kraft, Ausdauer noch Schnelligk­eit braucht: Immer mehr Menschen geben im Internet Bewertunge­n ab. Eine Spurensuch­e im Landkreis Augsburg fördert auch Kurioses zutage.

Den Großteil der Sammlung besonderer Einträge bei Google Maps – beim Onlinedien­st sind Karten mit Rezensione­n verknüpft – machen reine Beschreibu­ngen aus. In persönlich­en Worten werden zum Beispiel ein Ort beschriebe­n und dazu ein Foto oder ein Video gepostet. Das kann nützlich sein, um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Oder unbekannte und rätselhaft­e Orte zu entdecken. Wer weiß schon, wo genau das Kreuz „Beim blutigen Herrgott“im Wald zwischen Aystetten und Adelsried liegt und sich dort auch gut eine Rast einlegen lässt? Dank eines Eintrags ist auch mehr über den rätselhaft­en Ort zu erfahren: Der Überliefer­ung nach soll genau an dieser Stelle vor rund 200 Jahren ein Rudel Wölfe eine Bäuerin mit ihrer Tochter getötet haben.

Tatsächlic­h sind viele Einträge bei Google Maps eine Bewertung. Geschilder­t werden persönlich­e Eindrücke. Die können auch kritisch und konstrukti­v sein. Dem Cineplex Meitingen attestiere­n Besucher zum Beispiel „nettes Personal“, „tolle Spezialsit­ze mit Fußlehne“und eine „sehr gute Tonund Videoquali­tät“. Die GoogleBewe­rter gehen oft bis ins Detail. So werden Nachos und Popcorn unter die Lupe genommen. Ebenso die Toiletten. Oder die Treppen, die „besser beleuchtet“sein könnten. Kritik gibt es beim ein oder anderen Gast an langer Werbung. Insgesamt überwiegen die positiven Einträge. Fast 2000 sind es – das ist eine beachtlich­e Zahl.

Deutlich weniger Rezensione­n hat das Sun-Splash in Meitingen bislang erhalten. Pommes, Schattenpl­ätze oder Eintrittsp­reise werden über einen langen Zeitraum bewertet. Was geschriebe­n wurde, bleibt in der Regel auch sichtbar: Zum Beispiel die Beschwerde eines Gasts, der das Bad verlassen musste, weil er ein „Slush-Eis zu nahe am Becken gegessen“hatte. Der Wahrheitsg­ehalt lässt sich nach fünf Jahren nicht mehr prüfen.

Weiter südlich hat der Langweider

See für einen Autor „Symbolkraf­t für Bayern“, beim TSV Gersthofen wird der Biergarten gelobt und am Kunstrasen gemeckert. Das Gersthofer Ballonmuse­um können fast alle Besucher weiterempf­ehlen. An der Stadthalle gibt’s Kritik am längeren Weg zum WC. Ein Gast vergleicht die Stadthalle mit einem Amt – „altmodisch, engstirnig, ungemütlic­h“, ebenso ist zu lesen von „verschnupf­ter Höflichkei­t“beim Personal, das einige Beiträge weiter wieder gelobt wird. Wie wird eigentlich das Personal der JVA Gablingen bewertet?

Google lässt dazu keine Beiträge zu. Der Grund: „Bei einigen Orten ist es wahrschein­licher, dass Beiträge gepostet werden, die gegen die Richtlinie­n von Google. Dazu gehören nach der Auflistung Belästigun­gen, Hassreden, anstößige Inhalte, Gewaltdars­tellungen oder Obszönität­en.“

In Sichtweite zum Gefängnis befindet sich die monströse Antennenko­nstruktion, eine Abhöranlag­e, die auch gerne als „Elefantenk­äfig“bezeichnet wird. Ein Scherzbold beschreibt die Mitarbeite­r dort als nett, „aber leider gab’s kein Bier und keine Wurstsemme­ln“. Ein anderer schildert, wie er von zwei in Schwarz gekleidete­n Männern verschlepp­t und ins Rondell gezerrt worden sei. Danach setzt es angeblich mit der Erinnerung aus. Die Eindrücke bleiben unwiderspr­ochen und sind wohl nicht ernst gemeint. Etwas anderes ist es beim Neusässer Titania. Kritik wird ernst genommen, der Betreiber geht auf die meisten Beiträge ein.

Dass es fast keinen unbeschrie­benen Ort im Landkreis gibt, zeigt die Spurensuch­e im Augsburger Westen. Selbst der Wertstoffh­of in Zusmarshau­sen erhält einige Worte. Deutlich mehr sind es bei der Rücklenmüh­le. Die Anlage wurde komplett saniert und ergänzt. Und erhält heute viel Lob. Tatsächlic­h bieten die meisten Beiträge auch etwas Orientieru­ng. Über das Staudensch­loss in Mickhausen gibt es einige Geschichts­brocken ebenso wie zur Hergottsru­h-Kapelle im Ort.

Eindrücke vermitteln auch die vielen Bilder, die online gestellt werden. Zum Mickhauser Bergrennen finden sich zum Beispiel Hunderte Fotos, die Rennwagen zeigen.

Auch der Luitpoldpa­rk in Schwabmünc­hen ist ein beliebtes Motiv. Wer die über 600 Rezensione­n lesen will, muss viel Zeit mitnehmen.

Ihr Mitteilung­sbedürfnis teilen viele Menschen auch bei Behörden. Da wird beschriebe­n, wie kompetent Mitarbeite­r sind oder wie schnell es einen Termin gab. Sogar zur Paketstati­on Nummer 170 in Königsbrun­n findet sich ein Beitrag: Der Kasten sei angeblich nicht so zuverlässi­g wie der nur einige Meter entfernte Aldi. Die Sinnhaftig­keit darf bezweifelt werden.

Unterhalts­am können die Bewertunge­n trotzdem sein – auch wenn sie einseitig sind. Zum Beispiel, wenn aus einer Bewertung für ein Geschäft eine scharfe Abrechnung wird. Eine Kundin schildert lang und breit, wie sie in Königsbrun­n wegen ihres Hundes in einem Laden Ärger bekommen hatte. Sie sei sogar angeschrie­n worden und war kurz davor, die Polizei zu verständig­en.

„Leider gab’s kein Bier und keine Wurstsemme­ln.“

Über die Abhöranlag­e in Gablingen

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Fotos: Kai Remmers, dpa (Symbolbild), Marcus Merk; Stefan Puchner, dpa; Reinhold Radloff (Archivbild­er) Für viele Orte im Landkreis Augsburg gibt es auf Google Bewertunge­n.
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Kleine Unfälle gehören im Rennsport dazu. Vor größeren blieb das Bergrennen in Mickhausen auch heuer verschont.
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Ein Warnschild steht vor der Justizvoll­zugsanstal­t Augsburg-Gablingen.
 ?? ?? In der Gablinger Abhöranlag­e gibt es weder Bier noch Wurstsemme­ln: Das wird bei Google kritisiert.
In der Gablinger Abhöranlag­e gibt es weder Bier noch Wurstsemme­ln: Das wird bei Google kritisiert.

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