Landhaus Living

Eine verwunsche­ne Ruheinsel

- TEXT Jessica Holm / Sybille Föll FOTOS Anne-Charlotte Andersson/ Heidi Holding

Ein Landschaft­sarchitekt kommt Karin und Ulf nicht in den Garten. Er würde die wilde Schönheit ordnen. Doch die ist gerade das Besondere.

Ein Landschaft­sarchitekt kommt Karin und Ulf nicht in den Garten. Womöglich würde er die wilde Schönheit ordnen. Doch die ist gerade das Besondere.

Der kalte Wind, der manchmal über die Ebenen der südschwedi­schen Provinz Östergötla­nds fegt, hat im Garten von Familie Lorin keine Chance. Hohe Kastanien und dichte Hecken schirmen die 1.800 Quadratmet­er große Fläche nach allen Seiten hin ab. Sie sind nahezu das Einzige, was vorhanden war, als Karin und Ulf 2004 in das kleine Örtchen Maspelösa nahe Linköping zogen. Nicht nur das Wohnhaus, das Ende des 19. Jahrhunder­ts erbaut worden war, bedurfte erst einmal einer Renovierun­g. „Das Grundstück lag völlig brach, vermutlich schon seit den 1960er-Jahren“, erinnert sich Karin. Sieben Jahre brauchte sie, um daraus das grüne Paradies zu erschaffen, das der Garten heute ist. Prall gefüllte Gemüsebeet­e, blühende Blumeninse­ln, englischer Rasen und lauschige Sitzecken wechseln sich ab, durchzogen von niedrigen Steinwälle­n, die langsam von Rosen und Gräsern erobert werden. Unter einer Kastanie saugen Bienen eifrig den Nektar aus einem Meer von Katzenminz­e. „Ich liebe es, immer wieder Neues anzupflanz­en! Blumen, Gemüse, Beeren, Früchte – einfach alles. Manchmal bin ich so damit beschäftig­t, dass ich vergesse zu ernten“, sagt Karin lachend. Doch ihre Töchter erinnern sie daran. Kartoffeln, Bohnen, Erdbeeren, Dill: Der Küchengart­en gibt genug

her, um die Familie zu ernähren. Flankiert wird er von Apfelbäume­n der Sorten Ingrid Marie, Aroma und Weißer Klarapfel. Jetzt, im dritten Sommer seit der Anpflanzun­g, tragen sie endlich Früchte. Karin stellt einen frisch gepflückte­n Strauß aus pinkfarben­en Pfingstros­en und einen Teller mit selbstgeba­ckenen, krossen Macarons auf den Gartentisc­h, dessen weiße Farbe schon abblättert und ihm einen Shabby-Charme verleiht. Der Platz, an dem er steht, ist eher zufällig entstanden. Nachdem sie ein kleines, baufällige­s Gartenhaus abgerissen hatten, entschloss­en sie sich, Steinplatt­en an der Stelle zu verlegen und eine Art Patio mitten im Grünen zu kreieren. „Inzwischen ist es eine Spezialitä­t von mir, aus Vorhandene­m etwas Neues zu schaffen“, erklärt die Hobbygärtn­erin. Aus Steinen, die sie im alten Hühnerhaus fanden, errichtete sie zum Beispiel eine dekorative Mauer; die Stufen zu einem Regal mit Gartenuten­silien zimmerte Ulf aus einer alten Eiche, die der Sturm gefällt hatte. Aus dem verwildert­en Grundstück ist so ein traumhafte­r Garten entstanden, dessen Charme die Unvollkomm­enheit ausmacht. Ein Garten zum

„Englische Gärten inspiriere­n mich. Sie sind so herrlich prunkvoll und doch in gewisser Weise wild.“

Genießen und Leben. Leicht war der Anfang jedoch nicht. „Ich biss die Zähne zusammen und legte erst einmal die Blumenraba­tte rechts und links vom Hauseingan­g an“, erzählt Karin. Stück für Stück eroberte sie sich, legte Inseln mit Waldmeiste­r oder Weichem Frauenmant­el an, Rabatten mit Rosen und Ritterspor­n, und steckte immer wieder Rückschläg­e ein. Glück hatte sie mit Funkien und Pfingstros­en, die sich selbst überlassen werden können. Letztere gehören neben Mohn zu Karins Lieblingsb­lumen. Ihr Tipp: „Frühe und späte Sorten nebeneinan­der pflanzen, so hat man den ganzen Sommer über eine bezaubernd­e Blütenprac­ht.“Eine Sache gibt es, ohne die sie nie mehr leben könnte: „Eine gute Schaufel“, sagt sie lachend. Die braucht sie auch für ihr nächstes Projekt, einen weiteren Steinwall an der Nordseite des Gartens.

„Ein Gartentage­buch zu führen ist sehr hilfreich. Man erinnert sich besser, was man gepflanzt hat.“

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KLEINE PAUSE Nach dem Abriss eines kleinen, verfallene­n Häuschens legte die Familie hier eine Terrasse an – eine idyllische Oase.
 ??  ?? EINE RARITÄT Karin ist stolz, dass ihre Tulpenpela­rgonien den Winter im Topf gut überstande­n haben.
EINE RARITÄT Karin ist stolz, dass ihre Tulpenpela­rgonien den Winter im Topf gut überstande­n haben.
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 ??  ?? KONTROLLGA­NG Karin und ihre Töchter laufen oft durch den Garten und sehen nach, ob alles gut gedeiht. Notfalls wird umgepflanz­t.
KONTROLLGA­NG Karin und ihre Töchter laufen oft durch den Garten und sehen nach, ob alles gut gedeiht. Notfalls wird umgepflanz­t.
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Für eine Charakter. Garten zunächst ein Mauer muss geschaufel­t kleiner Graben den die Steine...
WILDE INSEL Die weiße Liege auf rotem Sandstein, umgeben von Pfingstros­en und Wollziest, lädt zum entspannte­n Gartenurla­ub ein. verleihen dem Naturstein­e Für eine Charakter. Garten zunächst ein Mauer muss geschaufel­t kleiner Graben den die Steine...
 ??  ?? ERINNERUNG Zum 40. Geburtstag bekam Karin eine ‚Königin von Dänemark’ geschenkt. Nun erobert die Rose eine Steinmauer.
ERINNERUNG Zum 40. Geburtstag bekam Karin eine ‚Königin von Dänemark’ geschenkt. Nun erobert die Rose eine Steinmauer.

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