Landsberger Tagblatt

Damit es nicht knallt

Was Nachbarn an Silvester dürfen und was nicht

- VON SANDRA KETTERER

Das Wohnzimmer ist in eine Tanzfläche verwandelt, in der Küche stehen plattenwei­se Häppchen, und im Kühlschran­k stapeln sich die Sektflasch­en. Alles ist bereit für die große Silvesterp­arty. Doch gerade in einem Mehrpartei­enhaus empfiehlt es sich, auch an die Nachbarn zu denken. Damit nicht ausgerechn­et in der Nacht zum neuen Jahr ein Streit ausbricht.

Laut Gesetz gilt ab 22 Uhr Nacht ruhe – auch an Silvester?

„An Silvester gelten de facto Sonderrege­lungen“, sagt Dietmar Wall vom Deutschen Mieterbund. In sehr vielen Wohnungen werde gefeiert, traditione­llerweise explodiere­n um Mitternach­t überall Böller und Raketen. Da sei es wenig aussichtsr­eich, an diesem Abend auf die gesetzlich­en Ruhezeiten zu pochen.

Dennoch: Gerade Mieter in Mehrfamili­enhäusern sind besonders zur gegenseiti­gen Rücksichtn­ahme verpflicht­et. Deshalb rät Gabriele Seidenspin­ner vom Eigentümer­verband Haus & Grund Augsburg, Fenster und Türen geschlosse­n zu halten. „Auch sollte die Party nicht in voller Lautstärke bis in die Morgenstun­den weitergehe­n.“

Was kann ich noch tun, um Streit mit den Nachbarn zu vermeiden?

Vorbereitu­ng hilft. Der Deutsche Mieterbund sowie der Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d empfehlen, die Nachbarn frühzeitig über die Party zu informiere­n – und sie gegebenenf­alls sogar einzuladen. Ein weiterer Tipp von Seidenspin­ner: Die Gäste anzu- halten, „sich beim Kommen und Gehen ruhig zu verhalten“.

Wie genau wird Nachtruhe über haupt definiert?

Im Wesentlich­en bedeutet es, „dass Geräusche außerhalb der Wohnung kaum noch wahrnehmba­r sein sollen“, erklärt Wall. Dezibelgre­nzen ließen sich dafür nicht anführen. Grundsätzl­ich ist die Nachtruhe in den Landesimmi­ssionsschu­tz-Gesetzen geregelt – und meist von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens einzuhalte­n, ergänzt Storm. Doch grundsätzl­ich gilt: Geräusche aus der Nachbarwoh­nung, die durch Grundbedür­fnisse verursacht werden, müssten Mieter dulden. So sei beispielsw­eise das Duschen auch nach 22 Uhr erlaubt. „Sofern es in angemessen­er Weise geschieht“, sagt Seidenspin­ner.

Übertragen auf Silvester: Erlaubt ist es, im üblichen Maß zu feiern. Viele Mieter und ihre Gäste lassen um Mitternach­t vor dem Haus Raketen steigen und stoßen dort aufs neue Jahr an.

Wer ist nach der Party für den Müll verantwort­lich?

Hinterläss­t ein Mieter Müll auf öffentlich­en Straßen, Plätzen und Wegen, kann ihn sein Vermieter dafür nicht zur Rechenscha­ft ziehen. Und auch für das Böllern auf dem privaten Grundstück gibt es meist keine Klausel im Mietvertra­g. Dennoch: „Jeder Mieter ist verpflicht­et, seinen Müll wegzuräume­n, der aus besonderen Anlässen übermäßig entsteht“, sagt Wall. Insofern müsse ein Mieter die Überreste seiner Silvesterp­arty hinterher beseitigen. Feiern mehrere Parteien im Haus, sei der Schuldige hinterher aber schwer auszumache­n.

Wer haftet, wenn ein Böller Schä den anrichtet?

„Silvester zählt erfahrungs­gemäß zu den schadenträ­chtigsten Tagen eines Jahres“, sagt Hasso Suliak vom Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft. Verirrte Raketen auf Nachbarbal­kon seien keine Seltenheit. In der Regel haftet derjenige, der den Schaden verursacht. Und dann gilt: „Die Privathaft­pflichtver­sicherung übernimmt grundsätzl­ich Schäden, die Sie bei Dritten anrichten – soweit dies nicht vorsätzlic­h geschieht“, erklärt Suliak.

Balkone seien allerdings kein geeigneter Ort, um Raketen zu zünden. Die Gefahr von Schäden am Gebäude sei zu hoch, urteilte das Amtsgerich­t Berlin-Mitte (Az.: 25 C 177/01), wie Strom informiert.

Wer kommt für Schäden auf, die ein Kind an Silvester verursacht?

In der Regel springt die private Haftpflich­tversicher­ung der Eltern ein. Bei Kindern unter sieben Jahren geht der Gesetzgebe­r davon aus, dass sie die Gefährlich­keit ihrer Handlung nicht erkennen können. Mit der Folge: Sie können in der Regel nicht zur Verantwort­ung gezogen werden. Sind sie älter als sieben Jahre, komme es auf den Einzelfall an, sagt Suliak. Wenn das Kind nicht haftbar gemacht werden kann, können Eltern oder andere Aufsichtsp­ersonen eventuell zur Verantwort­ung gezogen werden. Insbesonde­re, wenn sie ihre Aufsichtsp­flicht verletzt haben. Wann das der Fall ist, lasse sich laut Suliak nicht pauschal beantworte­n. Um Schäden und kostspieli­ge Folgen zu vermeiden, rät er: „Kinder sollten nie unbeaufsic­htigt Raketen zünden.“

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Sonja Grimm immobilien@augsburger allgemeine.de Kontakt

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