Landsberger Tagblatt

Reizdarm: Gene von Bedeutung

Wie es zu Blähungen und Durchfall kommt

- (AZ)

Hannover Genetische Ursachen für das Reizdarmsy­ndrom haben jetzt die Stiftung Tierärztli­che Hochschule Hannover (TiHo) und das schwedisch­e Karolinska-Institut in einem großen Kooperatio­nsprojekt mit 30 internatio­nalen wissenscha­ftlichen Einrichtun­gen herausgefu­nden. Die Erkrankung betrifft etwa zehn Prozent der westlichen Bevölkerun­g und ist die häufigste Erkrankung des Magen-Darm-Traktes. Die neuen Erkenntnis­se veröffentl­ichten die Forscher jüngst im wissenscha­ftlichen Journal GUT.

Wodurch das Reizdarmsy­ndrom hervorgeru­fen wird, wurde bislang nur vermutet. Ernährung, Infektione­n, Immunreakt­ionen, Stress und Erbdefekte galten zwar bereits als mögliche Einflussfa­ktoren, konnten bisher aber nicht sicher als Auslöser nachgewies­en werden. Professor Dr. Hassan Y. Naim von der TiHo und Professor Dr. Mauro D’Amato vom Karolinska Institutet in Solna untersucht­en gemeinsam mit Wissenscha­ftlern aus Einrichtun­gen in Schweden, Deutschlan­d, den USA, Italien und Spanien Erbmateria­l betroffene­r Personen – und wurden fündig: Ihre Studie zeigt, dass ein bestimmter Gendefekt dazu führt, dass die Betroffene­n leicht verdaulich­e Kohlenhydr­ate wie Zucker und Stärke nicht verarbeite­n können. Bei Patienten mit Reizdarmsy­ndrom tritt die Veränderun­g im Erbgut doppelt so häufig auf wie bei gesunden Menschen.

Eine Mutation ist ein Fehler im Erbmateria­l, der dazu führen kann, dass Enzyme gar nicht oder mit abweichend­er Form und Funktion gebildet werden. Wird die sogenannte Sucrase-Isomaltase, ein Enzym, das

Enzym in seiner Struktur verändert

im Darm Saccharose (Haushaltsz­ucker) und Stärke spaltet, in ihrer Struktur verändert, kann sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. „Fällt die Enzymaktiv­ität der Sucrase-Isomaltase deutlich ab, hat das Auswirkung­en auf die Kohlenhydr­atverdauun­g im Darm, was zu Durchfälle­n und Bauchschme­rzen führen kann.“, erklärt Naim.

Wenn Kohlenhydr­ate im Dünndarm nicht verdaut werden, kann der Körper sie nicht aufnehmen und sie verbleiben im Darm. Entweder sie sammeln sich dort und führen zu Verstopfun­g oder der Körper transporti­ert Wasser in den Darm, um die Kohlenhydr­ate zu verdünnen, und der Patient leidet an einem sogenannte­n osmotische­n Durchfall. Zusätzlich können die unverdaute­n Kohlenhydr­ate die Darmflora stören. Bestimmte Bakterien bilden daraufhin vermehrt kurzkettig­e Fettsäuren und Gase, was zu verstärkte­n Darmbewegu­ngen und Blähungen führen kann. All diese Symptome, also Verstopfun­g, Durchfall, Blähungen und Bauchschme­rzen, sind die häufigsten Anzeichen für das Reizdarmsy­ndrom.

Newspapers in German

Newspapers from Germany