Nicht mehr lange geschenkt
Umsatzsteuer Spätestens im Jahr 2021 werden auch gemeindliche Leistungen grundsätzlich steuerpflichtig. Viele Ausnahmen sorgen aber dafür, dass es für die Bürger nur selten teurer wird
Landsberg Die Mehrwertsteuer geschenkt, womit manchmal Möbelhäuser und Baumärkte werben, das gibt es bei den Gemeinden in der Regel das ganze Jahr: Wer zum Beispiel in der Gemeindeverwaltung eine Ortschronik kauft oder eine Mehrzweckhalle oder einen Bürgersaal für eine Veranstaltung mietet, muss dafür keine Mehrwertsteuer zahlen. Damit wird es aber in absehbarer Zeit zu Ende sein: Spätestens ab 2021 wird die Mehrwert- beziehungsweise Umsatzsteuer auch für die Gemeinden und Landkreise häufiger Thema sein. Sie werden dann grundsätzlich auch der Umsatzsteuerpflicht unterworfen. Eigentlich ist eine entsprechende Gesetzesänderung bereits gestern in Kraft getreten. Doch praktisch alle Kommunen und auch der Landkreis nehmen die Möglichkeit einer Übergangsfrist wahr. Praktisch ändert sich damit (noch) nichts.
Mit Umsatzsteuer für eine gemeindliche Leistung haben die meisten Bürger in der Regel bislang nur bei der Wasserversorgung zu tun. Sieben Prozent werden auf die Gebühren aufgeschlagen, denn Wasserversorgung gilt seit jeher als Betrieb gewerblicher Art.
Ein „Betrieb gewerblicher Art“musste bislang vorliegen, damit eine Gemeinde umsatzsteuerpflichtig war. Auf Gemeindeebene beschränken sich solche weiteren gewerblichen Tätigkeiten häufig auf Fotovoltaikanlagen, daneben gibt es im Landkreis auch einige kommunale Kiesgruben und Gaststätten. Künftig fasst das Gesetz eine gewerbliche und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit durchaus weiter. Darunter fällt dann zum Beispiel auch die Vermietung von Gewerbeflächen und Geschäftsräumen, aber auch der Verkauf einer gedruckten Gemeindechronik – praktisch alle Geschäfte, die sonst üblicherweise auch private Anbieter betreiben. Wer also Leistungen einer Gemeinde bezieht, die auch private Wettbewerber anbieten, muss künftig damit rechnen, mit Mehrwertsteuer belastet zu werden. Sehr oft wird das aber nicht passieren, denn die sogenannten hoheitlichen Aufgaben, für die auch entsprechende Gebührensatzungen erlassen werden, bleiben mehrwertsteuerfrei: Darunter fallen zum Beispiel Abwasser-, Abfall- und Friedhofsgebühren. Auch die Kinderbetreuungskosten bleiben umsatzsteuerfrei, auch wenn hier Gemeinden durchaus mit privaten Trägern in Konkurrenz treten. Der Grund hierfür liegt im Paragrafen 4 des Umsatzsteuergesetzes, der Kindergartengebühren allgemein umsatzsteuerfrei stellt.
Am Ende, so auch die Einschätzung von Andreas Graf, dem Leiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt, dürfte die Gesetzesänderung auch nach Ablauf der von den Gemeinden gewählten Übergangszeit im Jahr 2021 für den Bürger wenig Änderungen bringen. Für die Gemeinden wird sie dagegen zunächst einigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bringen. Für ihre gewerblichen Leistungen müssen Jahresabschlüsse und Umsatzsteuererklärungen gefertigt werden.
Allerdings erwächst für die Gemeinden auch ein steuerlicher Gestaltungsspielraum. So besteht die Möglichkeit, bei gemeindlichen Investitionen, die nicht nur der hoheitlichen Aufgabenerfüllung dienen, die Vorsteuer abzusetzen. Ein Beispiel sind Schulsporthallen. Diese werden zwar für den Schulsport errichtet, nachmittags, abends und an Wochenenden aber auch an Sportvereine vermietet, was nach dem neuen Umsatzsteuerrecht einer gewerblichen Tätigkeit entspricht. Somit ist es dann auch möglich, von den Baukosten einer solchen Halle zumindest den Investitionskostenanteil, der sich aus der Vermietung ergibt, die Vorsteuer vom Finanzamt erstattet zu bekommen. Da kann es dann schnell um einige Hunderttausend Euro gehen.