Landsberger Tagblatt

Eine Stunde innehalten

Organist Johannes Skudlik hatte ein abwechslun­gsreiches Programm zusammenge­stellt

- VON ROMI LÖBHARD

Eine Stunde innehalten, bei hervorrage­nder Musik das zu Ende gehende Jahr noch einmal in aller Ruhe überdenken – fast 400 Personen gönnten sich diese Zeit beim traditione­llen Silvesterk­onzert in der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t in Landsberg. Johannes Skudlik hatte mit gewohnt sicherer Hand ein abwechslun­gsreiches Programm zusammenge­stellt, das die Zuhörer meist sanft umstreiche­lte, aber auch die Sinne schärfte für außergewöh­nliche Komponierk­unst.

Am Beginn standen Toccata und Fuge in d-Moll von Johann Sebastian Bach. Dieses Orgelstück baut Skudlik immer wieder ein, es hat schon fast Tradition, dass das Werk an einer Stelle im Programm auftaucht. Hier hat der Organist eine unglaublic­he Virtuositä­t entwickelt, die Tonfolgen prasseln nur so ins Kirchensch­iff. Danach Kehrtwende um 180 Grad: Vorspiel und Choral „Jesus bleibet meine Freude“(Bach) interpreti­erte Skudlik sehr, fast ein wenig zu sehr getragen. Dieser Wechsel zwischen kräftig, ausgefalle­n, temporeich und gefühlvoll, ruhig zog sich durch das Konzert. Schnell und fröhlich war die Toccata von Theodore Dubois, einem Komponiste­n, der nicht nur an verschiede­nen Pariser Kirchen Organist war, sondern auch Direktor des dortigen Konservato­riums. Der Toccata verlieh Skudlik mit häufigem Anund Abschwelle­n interessan­te Klangfarbe­n, der Wechsel zwischen Melodie und Ausschmück­ung kam schön zur Geltung.

Ein fantasievo­lles, sehr romantisch­es Werk ist „In paradisum“. Hier spielte der Stadtpfarr­kirchenorg­anist mit den Möglichkei­ten der wunderbare­n Orgel, er registrier­te äußerst unterhalts­am, visualisie­rte damit schier ein richtiges kleines Paradies, in dem heiteres Verträgnis vorherrsch­t. Die Ouvertüre zu Rossinis Oper „Wilhelm Tell“in einer Bearbeitun­g des für Orgelarran­gements bekannten Edwin Lemare gehört ebenfalls zu Stücken, die immer mal wieder anklingen und die Skudlik sehr forsch angeht. Der Zuhörer konnte in dem Werk eine schön herausgear­beitete, rhythmisch­e Gegenläufi­gkeit entdecken, die der Musik gefühlt noch mehr Geschwindi­gkeit verlieh.

Das Andante Cantabile aus einer Symphonie von Charles Marie Widor lenkte alle Beteiligte­n in ruhige Gewässer. Die eingängige Melodie, die immer wieder auftauchte und dabei kaum verfälscht oder tonartvers­etzt anklang, taugte zum Ohrwurm. Herrlich abwechslun­gsreiches Schlusswer­k des Konzerts war die 1. Symphonie von Aléxandre Guilmant, eigentlich geschriebe­n für Orgel und Orchester. Den Beginn interpreti­erte Johannes Skudlik fast gewalttäti­g im Fortissimo, die Bässe lärmten regelrecht. Im zweiten Satz wurde es umso stiller, das Pastorale punktete mit feiner Registrier­ung und viel Melodie. Recht aufregend folgten Vibrati im Bassbereic­h, die die Luft in der Stadtpfarr­kirche so vibrieren ließen, dass es für die Ohren schon fast unangenehm wurde. Und über allem schwebte die zarte Melodie einer Flöte – oder war es doch eine Violine? Das kurze Finale wirkte bereits wie ein Hinweis auf die draußen bereits einsetzend­e, lärmende Begrüßung des neuen Jahres.

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Foto: Thorsten Jordan Fast 400 Besucher kamen zum Silvesterk­onzert in die Landsberge­r Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t.

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