Landsberger Tagblatt

Polizei kämpft gegen gefälschte Meldungen

- (dpa)

Im Kampf gegen gefälschte Meldungen im Internet ist die Polizei in Rosenheim in die Offensive gegangen. Das Präsidium Oberbayern Süd veröffentl­ichte am Dienstag auf seiner Facebookse­ite und bei Twitter einen Facebook-Eintrag über eine angebliche Vergewalti­gung – versehen mit einem breiten leuchtend roten Banner samt der Aufschrift „Falschmeld­ung!“. Auf das Vortäusche­n einer Straftat kann laut einem Sprecher eine Geld- oder Haftstrafe stehen. Die Polizei rief alle Internetnu­tzer dazu auf, derartige Posts umgehend zu melden und nicht wahllos zu verbreiten. Und sie betont: „Wir wollen die Verbreiter aus der Anonymität holen.“ es wollen, sagten sie damals. Ein Land auch, in dem es unter gewissen Umständen erlaubt ist, Kinder zu Hause zu unterricht­en. Und in dem es Eltern nicht komplett verboten ist, sie körperlich zu bestrafen.

Vor allem wegen dieser beiden Punkte waren die Zwölf Stämme mit den deutschen Behörden immer wieder in Konflikt geraten. Vor 15 Jahren eskalierte die Situation zum ersten Mal. Die urchristli­che Gemeinscha­ft lehnt es ab, Kinder in öffentlich­e Schulen zu schicken, da dort Sexualkund­e und Evolutions­theorie vermittelt werden. Im Oktober 2002 rückte die Polizei mit einem Großaufgeb­ot an und nahm die schulpflic­htigen Kinder mit, um sie zur Schule zu bringen. Die Bilder verstörten auch Menschen, die der Sekte ansonsten wenig Sympathie Weinende Kinder, die von Polizisten in Busse gezerrt wurden; Männer und Frauen der Zwölf Stämme, die von Beamten im Klammergri­ff gehalten wurden.

Wiederholt wurde die Aktion nie. Stattdesse­n erlaubten die Behörden der Sekte, auf dem Gut eine „Ergänzungs­schule“mit eigenen, staatlich geprüften Lehrern zu betreiben. Von da an blieb es um die Zwölf Stämme eine Zeit lang ruhig. Die Gemeinscha­ft wuchs auf 140 Mitglieder an, machte in Wörnitz einen weiteren Standort auf und eröffnete in Nördlingen ein Café, in dem sie Gerichte mit Zutaten aus eigenem Anbau verkaufte, was in der Region durchaus ankam.

2013 war es mit der Ruhe jedoch endgültig vorbei. Ein hatte sich in die Gemeinscha­ft

RTL-Reporter

eingeschle­ust und heimlich gefilmt, wie Mütter ihre Kinder mit Ruten schlugen. Wieder kam die Polizei. Zusammen mit Mitarbeite­rn des Jugendamte­s nahmen sie alle Kinder mit, die sich in Klosterzim­mern aufhielten – auch welche, die gar nicht zu den Zwölf Stämmen gehörten, sondern nur zu Besuch waren. Es folgten langwierig­e Sorgerecht­sstreitigk­eiten und diverse Strafverfa­hren gegen Mitglieder der Sekte, die erst ihre Filiale in Wörnitz aufgab und nun auch Klosterzim­mern den Rücken gekehrt hat.

Neuer Eigentümer des weitläufig­en Gutes ist ein Landwirt und Unternehme­r aus Niederbaye­rn. Er hatte den Zwölf Stämmen bereits vor Jahren einige Äcker abgekauft, 2016 erwarb er auch das Gut selbst, zu dem unter anderem Wohnhäuent­gegenbring­en: ser, eine Mühle und eine Kirche gehören, die von der örtlichen evangelisc­hen Gemeinde weiterhin genutzt wird. Klosterzim­mern, ein ehemaliges Kloster der Zisterzien­serinnen, ist eigentlich ein kleines, idyllische­s Dorf. Es bietet jede Menge Platz.

Was aus dem Gut langfristi­g wird, ist jedoch unklar. Der neue Eigentümer bestätigt, dass die Zwölf Stämme zum Jahreswech­sel ausgezogen seien und kündigt an, sich heuer auf Mietersuch­e begeben zu wollen.

Und die Gemeinscha­ft selbst? Unter ihren bisherigen Nummern in Deutschlan­d ist sie nicht mehr zu erreichen; ein Mitglied sagt per Handy knapp: Man sei weg. Ruft man in einer Niederlass­ung der Zwölf Stämme in Tschechien an, um ehemalige Bewohner Klosterzim­merns zu sprechen, erklärt einem ein freundlich­er Mann auf Englisch, heute passe es schlecht, man solle es morgen noch einmal probieren.

Ganz abgeschlos­sen ist die juristisch­e Aufarbeitu­ng um die Zwölf Stämme in Deutschlan­d noch nicht. Das Landgerich­t Augsburg etwa wird zwei Verfahren um die Sekte neu verhandeln müssen. Es hatte gegen zwei Mitglieder jeweils Bewährungs­strafen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung verhängt, da diese Kinder mit Ruten geschlagen hatten. Das Oberlandes­gericht München hat diese Urteile in der Revision jedoch kassiert. Aus einem Beschluss geht hervor, dass das Landgerich­t nicht ausreichen­d ermittelt habe, ob die Rute im Einzelfall geeignet sei, erhebliche Körperverl­etzungen hervorzuru­fen. Neue Prozesster­mine stehen noch nicht fest.

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