Wozu noch Verlage?
Die neue Macht der Literaturagenturen
Die Trüffelschweine sind zunehmend andere. Waren es in der Vergangenheit vor allem die Buchverlage und ihre Lektoren, die literarische Talente entdeckt, gefördert und oft lebenslang betreut und vermarktet haben, so nehmen diese Rolle immer mehr Literaturagenturen ein. Die Gründe und die Gefahren dieser Entwicklung zeigte beim „Irseer Pegasus“eine renommierte Fachfrau auf. Elisabeth Ruge referierte beim 19. Autorentreffen der Schwabenakademie in der ehemaligen Abtei bei Kaufbeuren.
Ruge betreibt in Berlin eine der inzwischen knapp 100 Literaturagenturen in Deutschland, kennt als Mitbegründerin des Berlin-Verlages aber auch die andere Seite. Als ihre Hauptaufgabe sieht sie es, gute literarische Texte zu erkennen und dem passenden Verlag zur Veröffentlichung anzudienen. Sie unterstützt die Schriftsteller zudem etwa bei der Aushandlung der immer komplexeren Verträge. Dafür streichen die Agenturen in der Regel 15 Prozent der Einnahmen ein, die die Urheber von den Verlagen bekommen.
Zwar gibt es solche professionellen Literaturvermittler schon seit dem 19. Jahrhundert. Dass diese seit den 1990er Jahren aber einen Boom erleben, sieht Ruge vor allem im Zusammenhang mit der starken Konzentration in der Verlagsbranche. Konzerne, die teilweise dutzende wirtschaftlich nicht mehr unabhängige Verlagsmarken, sogenannte Imprints, unter einem Dach vereinigen, „sind von den Autoren von außen kaum noch zu erfassen“. Der früher enge und dauerhafte Austausch zwischen den Verlagslektoren und den Schriftstellern gebe es in dieser Form kaum noch. Lektorate würden ausgedünnt, ausgelagert oder ganz abgeschafft. Damit sägten die Verlage aber „an dem Ast, auf dem sie sitzen“, würden zu reinen „Vertriebsorganisationen“. So fragten viele Autoren, nicht zuletzt angesichts der Möglichkeiten des digitalen Publizierens: „Warum brauche ich dann überhaupt noch einen Verlag?“Diese Entwicklung bedinge eine Anonymisierung, aber auch ein „Standardisierung“in der Branche, weshalb viel gute Literatur auf der Strecke bleiben könnte.
Den Jurypreis beim 19. Irseer Pegasus erhielt der Kölner David Krause für seinen Gedichtzyklus „Eine andere Brechung des Lichts“, der physikalische Phänomene und existenzielle menschliche Erfahrungen lyrisch kombiniert. Mit seiner vielschichtig-surrealen Erzählung „Fünf Variationen auf das Unsagbare“holte Kai Bleifuß (Göppingen) den Preis der 18 Autoren, die zum Workshop nach Irsee eingeladen worden waren. Beide Preise sind mit 2000 Euro dotiert.