Bezahlt, und nichts bekommen
Das Jugendamt soll Rechnungen einer Praxis ungeprüft beglichen haben. Das Landratsamt klagt auf Schadenersatz
Der vom Gericht festgesetzte vorläufige Streitwert liegt bei fast 300000 Euro. Auf welche Summe sich der Schaden für den Landkreis beläuft, ist nicht bekannt. Das Landratsamt klagt auf Schadenersatz. Ende März 2014 berichtete unsere Zeitung erstmals darüber. Um was geht es? Einer sozialpädagogischen Praxis aus Kaufbeuren sollen im Bereich der ambulanten Jugendhilfe Rechnungen ohne Prüfung beglichen worden sein. Bezahlt wurden offenbar auch Leistungen, die nie erbracht wurden.
Mit dem Fall haben sich auch Staatsanwaltschaft und Landesanwaltschaft beschäftigt. Sie prüften, ob ein Fehlverhalten von Mitarbeitern des Landratsamtes vorliege. Zudem hatte ein Bürger die damalige Abteilungsleiterin wegen des Verdachts der Untreue angezeigt.
Die Staatsanwaltschaft stellte das Ermittlungsverfahren gegen sie ein. Wie Landrat Thomas Eichinger auf
LT-Nachfrage sagt, hat auch die Landesanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen die Verwaltungsdirektorin beendet. Wie berichtet, tauschte diese nach Bekanntwerden der Vorfälle ihre Position und wurde Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung – auf eigenen Wunsch, wie seinerzeit offiziell verlautbart wurde. Im August 2014 hatte das Landratsamt die Praxis auf Schadenersatz verklagt, damit mögliche Ansprüche nicht verjähren. Ein Vergleichsangebot war abgelehnt worden. Es sei lediglich ein anderer Abrechnungsmodus vorgeschlagen worden.
Auch das zuständige Verwaltungsgericht in Augsburg tut sich offenbar schwer bei der Beurteilung des Sachverhalts. Im September 2015 hatte es eine Aufstellung sämtlicher Rechnungen gefordert. Zwei Monate später legte das Landratsamt zwei umfangreiche Tabellen vor, in denen alle Tätigkeitsnachweise sämtlicher Pädagogen der Praxis aufgelistet wurden. Im Mai vergangenen Jahres forderte das Gericht einen weiteren Sachvortrag und eine Stellungnahme. Das Landratsamt ist dem nachgekommen, teilt sein Pressesprecher Wolfgang Müller mit. Allein die beklagte Praxis habe sich geweigert, die Tätigkeitsnachweise für das Jahr 2010 vorzulegen. Zudem habe sie mitgeteilt, die zuvor vom Landratsamt vorgelegten Tabellen mit Schadensberechnung und Betreuungsfallzeiten nicht zu verstehen.
Im Oktober 2016 trennte das Gericht das Verfahren ab, um es zu beschleunigen, wie das Landratsamt mitteilt. Nun würden das Abrechnungsjahr 2010 und der Zeitraum von Januar 2011 bis August 2012 getrennt betrachtet. Allerdings habe das Gericht auf Nachfrage auch mitgeteilt, dass es bislang noch keine Zeit gefunden habe, jeden einzelnen Fall daraufhin zu überprüfen.
Und wann beginnt die mündliche Verhandlung? Pressesprecher Müller verweist auf eine Antwort des Verwaltungsgerichts an das Landratsamt vom Dezember. Der zuständige Richter habe mitgeteilt, dass die Kammer derzeit mit Asylverfahren überlastet sei. Es sei daher nicht mit einer kurzfristigen Terminierung zu rechnen.