Zum Frühstück gab’s etwas Gras
Junger Mann „therapierte“sich mit Marihuana
Landsberg „Andere trinken zum Frühstück Kaffee, ich habe Cannabis geraucht“. Mit dieser Aussage überraschte ein 27-jähriger Angeklagter gleich zu Beginn der Verhandlung am Amtsgericht die beiden ehrenamtlichen Beisitzer und den Vorsitzenden Richter Alexander Kessler allerdings keineswegs. Denn dem jungen Mann wurde zur Last gelegt, eine Cannabis-Aufzucht mit 16 Pflanzen betrieben zu haben, mit dem Ziel, den Großteil „der Ernte“gewinnbringend zu veräußern.
Letzteres konnte dem bislang nicht vorbestraften Drogen-Fan in der Hauptverhandlung allerdings nicht nachgewiesen werden. Trotzdem bekam er wegen unerlaubten Erwerbs und verbotenen Anbaus von Cannabis-Pflanzen vonseiten der Justiz einen gehörigen Denkzettel mit: Ein Jahr und neun Monate Haftstrafe, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden.
Auf die Schliche war dem 27-Jährigen eine „Spürnase“der Polizeiinspektion Landsberg gekommen. Nicht in Uniform, sondern als nebenberuflicher Hausverwalter: Als ihm in der Nähe seines Tätigkeitsfeldes süßlicher Geruch entgegenkam, schöpfte dieser sofort Verdacht. Und damit sollte er nicht nur recht behalten, sondern hatte auch gleich einen Volltreffer gelandet: Die zu Hilfe gerufenen Beamten stießen bei der Durchsuchung der Wohnung auf eine Cannabis-Aufzucht. Die befand sich im ehemaligen Kinderzimmer des Angeklagten. Ein kleines Zelt spannte sich über die Anlage.
Offenbar war es der Beschuldige leid, Stoff bei fremden Personen zu erwerben. Daher ließ er sich die Gerätschaften für den Eigenanbau in einem Komplett-Paket ins Haus schicken. Die Kosten dafür: 500 bis 600 Euro. 13 Jahre sei er bei seinen ersten Kontakten mit Cannabis gewesen, erzählte er bei der Verhandlung. Dann habe er kaum noch auf Rauschgift verzichtet. Vier bis fünf Gramm sollen es in den letzten zwei bis drei Jahren täglich gewesen sein. Das war, wie vor Gericht bekannt wurde, zehn Mal soviel Marihuana, wie das Gesetz bei der Bemessung der Strafe als „nicht geringe Menge“durchgehen lässt, hieß es im Gerichtssaal.
Warum aber hat der Mann gekifft? Er habe eigentlich Alkohol dem Rauschgift vorgezogen. Zum Joint habe ihn aber vor allem häufiges Muskelzucken greifen lassen. Das habe sich, wenn er zur Ruhe gekommen sei, über den ganzen Körper ausgebreitet: „Wenn ich geraucht habe, war das Zucken weg, ansonsten nicht“, behauptete der Angeklagte. Schweißausbrüche und schlaflose Nächte seien die Folge gewesen. Um ärztliche Abhilfe habe er sich aber kaum gekümmert, gab er zu.
Fast nicht glauben wollte ihm der Richter, dass er seit der Entdeckung der Anlage das Rauchen eingestellt habe. In der Verhandlung zeigte sich der Mann geständig. Selbst das Handy, das ihm unter anderem bei der Sicherung der Beweismittel abgenommen worden war, überließ er der Polizei. In ihrem Plädoyer beantragte Staatsanwältin Julia Scholz zwei Jahre Haft, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollen. Rechtsanwältin Anja Aringer plädierte für ein Jahr und neun Monate zur Bewährung: Eine Strafe, die auch vom Gericht sowie von Verteidiger und Angeklagtem für angemessen erachtet wurde.
Dazu kommen noch Auflagen und Weisungen: Dem Mann wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Er muss sich einer Drogentherapie unterziehen und 1500 Euro in monatlichen Raten von mindestens 150 Euro an den Caritasverband Landsberg bezahlen.
Seine Partnerin, die er eigentlich heiraten wollte, hat den 27-Jährigen nach der „Marihuana-Misere“inzwischen verlassen. Das krankhafte Muskelzucken ist mittlerweile offenbar ganz verschwunden, auch ohne Gras: Eine Tabletten-Kombination mit den Wirkstoffen Magnesium/Eisen soll das gesundheitliche Problem nahezu gelöst haben. Der junge Mann ganz pragmatisch: „Es klappt, wenn man mehrere Tabletten auf ein Mal nimmt.“