Landsberger Tagblatt

Ein charmanter Hundling und technische Brillanz

Ausstellun­g Die Galerie Josephski-Neukum präsentier­t „Die Radierung III – 2. Hängung“. 100 Exponate von 16 Künstlern

- VON MINKA RUILE Issing

100 Exponate von 16 Künstlern – das klingt rekordverd­ächtig, und ist auch im Issinger Pfarrhof mit seinen drei Ebenen plus Zwischenge­schoss nur möglich, weil die aktuelle Schau „Die Radierung III – 2. Hängung“die Grafik, und einmal nicht die Malerei in den Mittelpunk­t des Interesses rückt. Die großen, mitunter wandfüllen­den Arbeiten, die es in der Galerie Josephski-Neukum verschiede­ntlich auch schon zu sehen gab, sind – nicht zuletzt aufgrund der ganz anderen Entstehung­sweise von Werken im Tiefdruckv­erfahren – im Augenblick dort nicht zu finden. Stefanie Neumanns Hochformat­e „My desperate kingdom of love“und „This world can leave us broken inside“, beide Kaltnadel, geschnitte­ne Form, chine collé, mit jeweils knapp über einem Meter Seitenläng­e, bilden da schon die „große“Ausnahme.

Doch geht es in Teil drei einer 2001 begonnenen und 2008 fortgesetz­ten Ausstellun­gsreihe nicht darum, Rekorde aufzustell­en. Vielmehr wollen die Galeristen Helga Neukum und Joschi Josephski „die Möglichkei­ten der Radierung (künstleris­cher Tiefdruck) in ihrer Vielfalt“aufzeigen – ein längst nicht so akademisch­es Unterfange­n wie es sich vielleicht anhören mag. Obschon sich einem interessie­rten Fachpublik­um mit ungewöhnli­ch großer Vielfalt auf relativ engem Raum durchaus seltene Vergleichs­möglichkei­ten bieten. Wer aber nicht so tief einsteigen möchte, der überlasse das Rätseln um Begriffe wie „Mezzotinto, Pinselätzu­ng, Reservage“und einige andere mehr getrost denen, die sich auch für die technische Seite der Druckkunst interessie­ren und wende sich selbst stattdesse­n deren rein sinnlich erfahrbare­n Ergebnisse­n zu. Und da gibt es viel zu sehen. Viel Neues auch, in Teil zwei der nach der Winterpaus­e zu etwa einem Drittel umgestalte­ten Ausstellun­g. Mit Brigitte Heintze als Gast ist sogar eine Künstlerin hinzugekom­men. In Motivabwan­dlung zeigt sie aus dem Zyklus „Gelo e Isca“zwei überzeichn­ete Radierunge­n, Unikate, und erweitert den bisherigen Farb- um einen weiteren, zart blaugrauen Akzent. An gleicher Stelle – – und hier erweist sich der obere Flur als eine Art Kabinett des Farbdrucks – finden sich Gegenübers­tellungen so unterschie­dlich arbeitende­r Künstler wie Stefanie Neumann mit ihrem dunkel vor den Hintergrun­d eines Weihnachti­dylls aus Rehen und Christbaum­kugeln auf Geschenkpa­pier gesetzten „tree“aus dem Jahr 2012 sowie Rolf Hegetusch mit zwei Werken etwas früherer Entstehung­szeit, dessen älteres, „Meridien bleu“, im kontrastie­renden Einsatz warmer und kalter Farbtöne eine beinahe schon magische Strahlkraf­t entwickelt; direkt gegenüber Felix M. Furtwängle­rs sechs geheimnisv­oll-düstere Farbkanon radierunge­n aus dem Zyklus „Torquatus Tassus“und schließlic­h die hoch kreative Heike Pillemann, deren einer Kater „Casper I“sich verabschie­det hat, ersetzt und würdig vertreten nun durch einen mindestens ebenso charmanten „Hundling“, der freudig wedelnd auf den zurückgebl­iebenen, etwas grantig dreinblick­enden „Casper II“zugelaufen kommt. Armer Hundling, man ahnt nicht Gutes…

Ebenfalls farbig, und technisch brillant: Raimund Wäschle, der im Zwischenge­schoss mit seinen warmleucht­enden „Shunt“aus 2004 und 2005 und zwei in ihrer Kompositio­n ähnlich angelegten, skizzenhaf­ten und eher kühl temperiert­en Arbeiten mit einer kleinen Werkauswah­l der vergangene­n zehn Jahre vertreten ist. Rolf Hegetuschs Reliefdruc­ke, die in Linien- und Farbführun­g weichfließ­enden „Rheingold I“und „Rheingold II“, bilden eine kontrastie­rende Sichtachse; ebenso die fast holzschnit­tartigen SchwarzWei­ß-Drucke teils erst kürzlich wieder entdeckter Druckplatt­en des 2014 verstorben­en Künstlers Helmut Rieger.

Weiterhin im Treppenauf­gang zum Dachgescho­ss beeindruck­en Stefan Wehmeiers als Dreiergrup­pe gehängte, eisig weiße und blaue beziehungs­weise in glühendes Rot gesetzte Gebirgslan­dschaften und – oben angekommen – fünf Arbeiten aus dem Nachlass des 2010 verstorben­en, großen Melancholi­kers Andreas Bindl.

„Die Radierung III – 2. Hängung“ist auch in ihrer Überarbeit­ung nach der Winterpaus­e intensiv genutztes Forum für nicht weniger als 16 zeitgenöss­ische Künstler zur Präsentati­on unterschie­dlichster Positionen und drucktechn­ischer Varianten. Zusätzlich zu den bereits genannten beteiligen sich Anna Margrit Annen, Christina von Bitter, Heiko Herrmann, Franz Hitzler, Tom Kristen, Walter Tafelmaier und Richard Vogl.

Geöffnet ist die Ausstellun­g noch die ses und das darauffolg­ende Wochenen de, immer samstags und sonntags von 14 bis 19 Uhr in der Galerie Josephski Neukum, Wessobrunn­er Straße 5, Issing, Telefon: 08194 999075.

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Fotos: Minka Ruile Muss aufpassen, dass er von Kater Caspar keine gewischt bekommt: „Hundling“, Hei ke Pillemann, Kaltnadel, geschnitte­ne Form, Collage, 2016.
 ??  ?? „Gelb Schwarze Figuren“heißt diese Arbeit von Raimund Wäschle, 2015, Vernis mou, Strichätzu­ng.
„Gelb Schwarze Figuren“heißt diese Arbeit von Raimund Wäschle, 2015, Vernis mou, Strichätzu­ng.

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