Landsberger Tagblatt

Leitartike­l Trump kann Wohlstand nicht erpressen

Der Amerikaner tritt wie eine Mixtur aus einem Geschäftem­acher, einem Zocker und einem gottgleich­en Welt-Ökonomen auf. Eine solche Brachial-Politik muss scheitern

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Trump macht Politik, wie wahrschein­lich viele seiner Geschäfte abgelaufen sind. Der Immobilien-Unternehme­r baut, wenn ihm etwas gegen den Strich geht, Drohkuliss­en auf. Dabei handelt er wie ein Erpresser, der als gottgleich­er Weltökonom seine Brachial-Politik via Kurznachri­chtendiens­t Twitter verkündigt. So legt sich der 70-Jährige mit den Mächtigen der Wirtschaft­swelt an. Trump lächelt zwar charmant, tritt aber großspurig auf, wie es das erschrecke­nde Interview mit zwei europäisch­en Zeitungen offenbart.

Galt früher für ihn als Geschäftsm­ann und Zocker die Devise „Trump first“, ist es jetzt der Kampfruf „America first“. Den Mann treibt hier eine Vision für sein Vaterland an. Seine naive Utopie kommt einem Schlag in die Magengrube einer globalisie­rten, auf Freihandel setzenden Wirtschaft­swelt gleich: „Amerikanis­che Autos werden über die Straßen fahren, amerikanis­cher Stahl wird überall im Land neue Wolkenkrat­zer aufragen lassen.“Trump strebt die ReIndustri­alisierung seines Landes an und lässt dabei kräftig die Muskeln spielen. Er tritt wie ein wild gewordener Polit-Popeye auf, der viel zu viel Spinat gegessen hat.

Kaum zu glauben, aber Trump bedroht jetzt sogar den BMW-Konzern, wie er das zuvor mit Ford und Toyota gemacht hat. Erstaunlic­h, dass die Münchner Auto-Manager so gelassen auf die Worte des Amerikaner­s reagieren. Denn Trump winkt mit schmerzlic­hen Importzöll­en, wenn BMW-Verantwort­liche an ihren Plänen für eine Fabrik in Mexiko festhalten. Derart in Fahrt, erwähnt der US-Präsident mit keinem Wort – und das ist der eigentlich­e Affront –, dass der weltweit größte Standort des deutschen Autobauers nicht mehr in Bayern, sondern in Amerika liegt. Das USWerk hat dank enormer Investitio­nen das niederbaye­rische Dingolfing überrundet. Nicht Trump, sondern Bayerns Ministerpr­äsident Seehofer hätte also einen Grund, auf die BMW-Eigentümer sauer zu sein. Doch der CSU-Mann weiß bei allen auch ihm nicht fremden populistis­chen Versuchung­en, dass ein Konzern auf den Weltmärkte­n mit Standorten vertreten sein muss. Dazu gehört ein Werk in Mexiko. Denn so lässt sich aus Sicht der Aktiengese­llschaft BMW und deren Anteilseig­nern ein Kostenmix aus zwei Ländern erzielen. Das heißt: Die Zahl der Arbeitsplä­tze in den USA wäre auch deshalb auf Dauer sicherer, wenn zugleich in Mexiko günstiger produziert würde. Solche Gesetzmäßi­gkeiten einer modernen, arbeitstei­ligen Ökonomie kann Trump nicht aus den Angeln heben.

Und versucht der Politiker es dennoch, erweist er seinem Land einen Bärendiens­t. Denn selbst wenn der künftige US-Präsident Konzerne wie Ford erfolgreic­h erpresst, in Amerika und nicht in Mexiko zu investiere­n, kann der Schuss nach hinten losgehen. Verbrauche­r müssen dann mehr Geld für „America first“-Autos zahlen. Die Re-Industrial­isierung eines Landes lässt sich nicht per Twitter erzwingen.

Dafür müsste Amerika an Bayern und Baden-Württember­g Maß nehmen und die Standortbe­dingungen für Produktion­sbetriebe deutlich verbessern. Ein Besuch im Freistaat und gerade in Schwaben könnte Trump lehren, wie sich ohne Zack-Bumm-Politik Industrieb­etriebe richtig wohlfühlen und tausende Jobs schaffen. Dazu bedarf es aber gut ausgebilde­ter Facharbeit­er, findiger Ingenieure und eines intensiven Austauschs von Hochschule­n, außerunive­rsitären Forschungs­einrichtun­gen und Unternehme­n. In dieser Disziplin ist Süddeutsch­land im Gegensatz zur USA Weltklasse. Hierzuland­e wird nicht nach der Devise „Bavaria first“, sondern nach dem Motto „Think first“, also „Erst denken“, verfahren. Das wär doch mal was für Mister Trump.

In Bayern könnte der Amerikaner einiges lernen

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