Leitartikel Trump kann Wohlstand nicht erpressen
Der Amerikaner tritt wie eine Mixtur aus einem Geschäftemacher, einem Zocker und einem gottgleichen Welt-Ökonomen auf. Eine solche Brachial-Politik muss scheitern
Trump macht Politik, wie wahrscheinlich viele seiner Geschäfte abgelaufen sind. Der Immobilien-Unternehmer baut, wenn ihm etwas gegen den Strich geht, Drohkulissen auf. Dabei handelt er wie ein Erpresser, der als gottgleicher Weltökonom seine Brachial-Politik via Kurznachrichtendienst Twitter verkündigt. So legt sich der 70-Jährige mit den Mächtigen der Wirtschaftswelt an. Trump lächelt zwar charmant, tritt aber großspurig auf, wie es das erschreckende Interview mit zwei europäischen Zeitungen offenbart.
Galt früher für ihn als Geschäftsmann und Zocker die Devise „Trump first“, ist es jetzt der Kampfruf „America first“. Den Mann treibt hier eine Vision für sein Vaterland an. Seine naive Utopie kommt einem Schlag in die Magengrube einer globalisierten, auf Freihandel setzenden Wirtschaftswelt gleich: „Amerikanische Autos werden über die Straßen fahren, amerikanischer Stahl wird überall im Land neue Wolkenkratzer aufragen lassen.“Trump strebt die ReIndustrialisierung seines Landes an und lässt dabei kräftig die Muskeln spielen. Er tritt wie ein wild gewordener Polit-Popeye auf, der viel zu viel Spinat gegessen hat.
Kaum zu glauben, aber Trump bedroht jetzt sogar den BMW-Konzern, wie er das zuvor mit Ford und Toyota gemacht hat. Erstaunlich, dass die Münchner Auto-Manager so gelassen auf die Worte des Amerikaners reagieren. Denn Trump winkt mit schmerzlichen Importzöllen, wenn BMW-Verantwortliche an ihren Plänen für eine Fabrik in Mexiko festhalten. Derart in Fahrt, erwähnt der US-Präsident mit keinem Wort – und das ist der eigentliche Affront –, dass der weltweit größte Standort des deutschen Autobauers nicht mehr in Bayern, sondern in Amerika liegt. Das USWerk hat dank enormer Investitionen das niederbayerische Dingolfing überrundet. Nicht Trump, sondern Bayerns Ministerpräsident Seehofer hätte also einen Grund, auf die BMW-Eigentümer sauer zu sein. Doch der CSU-Mann weiß bei allen auch ihm nicht fremden populistischen Versuchungen, dass ein Konzern auf den Weltmärkten mit Standorten vertreten sein muss. Dazu gehört ein Werk in Mexiko. Denn so lässt sich aus Sicht der Aktiengesellschaft BMW und deren Anteilseignern ein Kostenmix aus zwei Ländern erzielen. Das heißt: Die Zahl der Arbeitsplätze in den USA wäre auch deshalb auf Dauer sicherer, wenn zugleich in Mexiko günstiger produziert würde. Solche Gesetzmäßigkeiten einer modernen, arbeitsteiligen Ökonomie kann Trump nicht aus den Angeln heben.
Und versucht der Politiker es dennoch, erweist er seinem Land einen Bärendienst. Denn selbst wenn der künftige US-Präsident Konzerne wie Ford erfolgreich erpresst, in Amerika und nicht in Mexiko zu investieren, kann der Schuss nach hinten losgehen. Verbraucher müssen dann mehr Geld für „America first“-Autos zahlen. Die Re-Industrialisierung eines Landes lässt sich nicht per Twitter erzwingen.
Dafür müsste Amerika an Bayern und Baden-Württemberg Maß nehmen und die Standortbedingungen für Produktionsbetriebe deutlich verbessern. Ein Besuch im Freistaat und gerade in Schwaben könnte Trump lehren, wie sich ohne Zack-Bumm-Politik Industriebetriebe richtig wohlfühlen und tausende Jobs schaffen. Dazu bedarf es aber gut ausgebildeter Facharbeiter, findiger Ingenieure und eines intensiven Austauschs von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen. In dieser Disziplin ist Süddeutschland im Gegensatz zur USA Weltklasse. Hierzulande wird nicht nach der Devise „Bavaria first“, sondern nach dem Motto „Think first“, also „Erst denken“, verfahren. Das wär doch mal was für Mister Trump.
In Bayern könnte der Amerikaner einiges lernen