Landsberger Tagblatt

Praxistest in der U Bahn

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Ebenfalls dazu: In Ihrem Artikel schreiben Sie „94 Prozent ist es wichtig, dass man in der Bahn Älteren oder Schwangere­n einen Sitz anbietet“. In den letzten zehn Wochen vor meinem Mutterschu­tz fuhr ich täglich mit der Münchner S-Bahn von Pasing zum Hauptbahnh­of und abends wieder zurück. Im Berufsverk­ehr bekommt man auf dieser Strecke so gut wie nie einen Sitzplatz. Ich hab mir dann immer ein „Spiel“daraus gemacht, meinen Babybauch demonstrat­iv rauszustre­cken und herzuzeige­n, um zu testen, wie die Leute drauf reagieren. Nach einem langen Bürotag war mir das Stehen eh viel lieber, drum war ich zum Glück nicht auf die „Höflichkei­t“anderer angewiesen. Mein Ergebnis: Insgesamt wurde mir nur viermal ein Sitzplatz angeboten (übrigens zweimal davon von Seniorinne­n). Zehn Fahrten pro Woche, zehn Wochen deutlich sichtbarer Babybauch und mindestens acht sitzende Personen, in deren Sichtfeld ich stand, macht 800 Möglichkei­ten. Da kann ich rumrechnen, wie ich will, ich komm einfach nicht auf die 94 Prozent. Nein, es sind eher weniger als ein Prozent. Dabei glaube ich aber gar nicht, dass es an mangelnder Höflichkei­t liegt. Aber um höflich zu jemandem zu sein, muss man doch erst einmal wahrnehmen, dass es diesen Jemand überhaupt gibt. Das funktionie­rt leider nicht, wenn man nur in sein Buch oder Smartphone starrt und keinen Blick für seine Umgebung opfert. Stephanie Reinhardt, Gallenbach

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