Landsberger Tagblatt

Bringt Trump die Zinsen zurück?

Ausgerechn­et der umstritten­e US-Präsident könnte es sein, der Notenbanke­n weltweit den Ausweg aus dem Krisenmodu­s weist. Damit würde er Sparern wieder zu einer nennenswer­ten Rendite auf ihre Anlagen verhelfen

- Frankfurt am Main

Seit der letzten schweren Finanzkris­e in den Jahren 2008 und 2009 sind die wichtigste­n Notenbanke­n der Welt im Krisenmodu­s. Sie halten die Zinsen niedrig und fluten die Finanzmärk­te mit Geld, um Konjunktur und Inflation anzuheizen – lange Zeit ohne Erfolg. Aber jetzt könnte der neue US-Präsident Donald Trump den Währungshü­tern mit einem Konjunktur­programm unter die Arme greifen und Sparern auch in Deutschlan­d

Seit der Finanzkris­e gab es bislang erst zwei kleine Erhöhungen. Doch jetzt hat auch Yellen nichts mehr auszusetze­n. „Da sich die Wirtschaft unseren Zielen nähert, ist es sinnvoll, das Niveau der geldpoliti­schen Unterstütz­ung schrittwei­se zu reduzieren“, sagte sie. Die Notenbanke­rin rechnet mit „ein paar Anhebungen“in diesem Jahr.

Kein Wunder: Die Arbeitslos­igkeit ist niedrig, und die Inflation liegt erstmals seit 2014 wieder leicht über zwei Prozent – also dort, wo die Währungshü­ter sie haben wollen. Dass es so gekommen ist, kann sich Yellen allerdings kaum auf die eigene Fahne schreiben. Denn Experten sind sich einig: Auslöser für die Rückkehr der Inflation sind nicht die Niedrigzin­sen, sondern zwei Dinge, die Notenbanke­r nicht beeinfluss­en können. Zum einen erholen sich seit Anfang 2016 die Ölpreise wieder, nachdem sie zuvor dramatisch eingebroch­en waren. Und zum anderen ist es Trump, der die Preise schon jetzt anheizt. Entgegen allen Prognosen trieb er seit seinem Wahlsieg die Kurse an den Börsen und die Renditen von Staatsanle­ihen nach oben. Anstatt sich in sichere Häfen zu flüchten, setzten die Anleger stärker auf Risiko. Direkt nach der Wahl fand Trump zunächst ungewohnt versöhnlic­he Worte und kündigte milliarden­schwere Investitio­nen in die Infrastruk­tur an. Dies würde die Konjunktur anheizen, so das Kalkül – und damit auch die Inflation.

Das Problem ist nur: Bislang herrscht allgemeine Ungewisshe­it. Es ist etwa fraglich, ob Trump ein Konjunktur­programm überhaupt innerhalb seiner Partei durchsetze­n kann. Außerdem beschäftig­ten den Republikan­er zuletzt andere Themen: Er wettert gegen Konzerne, droht mit Strafzölle­n. In einer düsteren Rede unmittelba­r nach der Vereidigun­g bekräftigt­e Trump sein Wahlkampfc­redo „America first“– ob oder wie weit er den US-Markt abschotten will, bleibt aber offen.

Verunsiche­rung darüber zeigte sich auch an den Finanzmärk­ten. „Vielleicht muss man sich Sorgen darüber machen, dass das vergiftete politische Umfeld weiter bestehen bleibt“, sagte Dennis Lockhart, einer der führenden US-Notenbanke­r. Trotzdem bleibt es beim Preisauftr­ieb – und das färbt auf den Euroraum und Deutschlan­d ab.

Hierzuland­e ist die Teuerungsr­ate mit 1,7 Prozent wieder so hoch wie seit über drei Jahren nicht mehr. Für Verbrauche­r und Sparer bedeutet dies zunächst nichts Gutes, denn der Einkauf wird teurer, und das Ersparte verliert an Wert. Anderersei­ts könnte aber die höhere Teuerung am Ende Sparern die Zinsen zurückgebe­n. Denn die Notenbanke­n könnten reagieren und ihre Leitzinsen erhöhen.

Es dürfte aber noch einige Zeit dauern, bis in der Eurozone wieder der Zins steigt. Bei der jüngsten Zinsentsch­eidung sah EZB-Chef Mario Draghi keinen Grund, vom lockeren Kurs abzuweiche­n. Die höhere Inflation sei vor allem auf die jüngste Erholung bei den Energiepre­isen zurückzufü­hren, sagte er. „Draghi wird wohl weiter auf Zeit spielen“, glaubt Christoph Kutt, Experte bei der DZ Bank.

Tobias Schmidt, dpa

Steigt die Inflation, sollten auch die Zinsen steigen

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