Aus der Tiefe der Gefühle
Die Reichlinger Künstlerin Monika Lehmann präsentiert Gesichter im Altstadtsaal in Landsberg
Diese Augen ziehen einen in Bann, lassen den Betrachter erschauern. Was ist ihnen widerfahren? Was haben sie erlebt, gesehen, erleiden müssen? Diese Augen erzählen eine Geschichte, diese Gesichter sind vom Leben gezeichnet. Es sind die Gesichter von Kindern, von Verletzten, von Flüchtlingen, von Farbigen, von Unbekannten. Sie sind nicht real existierenden Menschen zuzuordnen, es sind keine namhaften Personen und doch macht sich der Betrachter ganz schnell ein eigenes Bild davon, hat seine ganz eigenen Assoziationen. Und das genau ist auch die Intention der Reichlinger Künstlerin Monika Lehmann: Der Betrachter soll sich von „ihren Gesichtern“angezogen fühlen, in diesen Bildern versinken und seine eigenen Gedanken finden. „Diese Bilder sind von ungemeiner Ausdrucksstärke“, befindet Kulturbürgermeister Axel Flörke in seiner Laudatio zu der Vernissage im Altstadtsaal der VR-Bank LandsbergAmmersee. „Da gehen die Emotionen von innen herein. Das passiert in der Intensität ganz selten bei Ausstellungen.“
Geboren im mecklenburgischen Neubrandenburg, aufgewachsen in einer Künstlerfamilie ist die Lebensgeschichte von Monika Lehmann auch Grundlage für ihre spä- teren künstlerischen Werke. Auch sie hat einen Flüchtlingshintergrund. Kurz vor dem Bau der Berliner Mauer flieht die Familie in den Westen, ein prägendes Erlebnis. Zwei Jahre verbringt Lehmann als junges Mädchen in Flüchtlingslagern in Berlin Marienfelde und in Lübeck Blankensee. Seit 1979 lebt sie in Bayern, seit 1999 arbeitet sie als freiberufliche Malerin. Seit 2012 wohnt sie in Reichling. In einem historischen Bauernhaus mitten im Ort hat sie ihr Künstlerhaus mit Atelier, Galerie und Malschule eingerichtet.
Lehmann ist eine gute Beobachterin ihres Lebensumfelds. Sie fotografiert quasi mit den Augen und trägt die Bildmotive lange mit sich herum. Doch irgendwann müssen sie heraus. Als „leidenschaftlich, spontan und kraftvoll aus der Tiefe der Gefühle gearbeitet“wurde ihr Werk 2016 im nordbayerischen Weißenburg bewertet, als sie den dortigen Kunstpreis erhielt. Ihr Bild – auch da war es eines der Gesichter – sei „nicht mehr und nicht weniger als eine Hymne auf die Lust am Malen“, hieß es da. Bei ihrem Werkprozess ist nur die Kopfhaltung vorgegeben. Dann lege sie los und erst zum Schluss male sie die Augen, beschreibt Flörke. „Doch gerade dieser Partie geht meist ein zerstörerischer Prozess voraus. Es dauert, und es sind mehrere Schichten, die entstehen, bis ich mit dem Endergebnis zufrieden bin“, so die Künstlerin. In der Landsberger Ausstellung beeindrucken vor allem zwei Großformate, die farbige Gesichter zeigen. Man fühlt sich nach Afrika versetzt. Verstärkt wird dieser Eindruck nicht nur durch die expressiven Gesichtsausdrücke, sondern auch durch die Farbwahl. Es sind die verschiedenen Ockertöne, die an den afrikanischen Wüstensand erinnern.
Monika Lehmann war vor einigen Jahren in Afrika, in Namibia. Inspiration für ihre Exponate waren allerdings zwei Bilder von Farbigen. Sehr beeindruckend aber auch ihre Kindergesichter. Es könnten die von unbegleiteten jungen Flüchtlingen sein. „In ihnen ist so viel Verzweiflung, so viel Hilflosigkeit, so viel Unsicherheit zu lesen und die bange Frage, ‘wo komme ich hin, was passiert hier mit mir?’“So erläutert es Flörke. Monika Lehmann wolle nicht nur Schönes darstellen. „Und in unserer gegenwärtigen Zeit ist nicht alles schön, auch wenn wir hier in Bayern geradezu in einem Eldorado leben.“
Öffnungszeiten Ausstellung „Gesich ter“bis zum 7. Februar im Altstadtsaal der VR Bank Landsberg Ammersee über den Zugang zum s’Ludwig, Ludwig straße 162 164. Dienstag und Mittwoch von 9 bis 20 Uhr, Donnerstag bis Samstag von 9 bis 22 Uhr. Sonntag von 9 bis 18 Uhr.