Damit die Helferszene männlicher wird
Peppi Ernst ist als Alltagsbegleiter beim Verein Füreinander tätig. Der Verein würde sich über weitere Männer freuen
Utting Peppi Ernst ist ein kontaktfreudiger Mensch. Also ging er zum Männer-Stammtisch „Alte Uttinger“des Vereins Füreinander im Bürgertreff. Schließlich ist er selbst ein Uttinger Urgewächs und kennt fast jeden alten Uttinger. „Ich wollt’ eigentlich nur ein wenig ratschen, Weißwurst essen und ein Bier trinken“, erzählt der 66-Jährige, „Aber dann hat’s mir so gut gefallen, dass ich beim nächsten Mal meine Ziehharmonika mitgenommen habe, und wir haben Gstanzln gesungen.“
Peppi Ernst ist Musiker mit Leib und eben auch mit Seele. Zwar hat er seine Familie (mit zwei inzwischen erwachsenen Töchtern) als Versicherungsfachwirt ernährt. Aber seine Freizeit gehörte der Musik. Er spielte als Barpianist und machte mit einer Fünf-Mann-Band Musik auf Kreuzfahrtschiffen. Er gründete ein Jazz-Trio und studierte nach Eintritt in den Ruhestand drei Jahre lang Klavier an der Hochschule in München. Zu Hause steht ein Flügel. Nun also Ziehharmonika mit den „Alten Uttingern“? „Weil’s mir Spaß macht“, antwortet er.
Andrea Birner, die gerontopsychiatrische Fachkraft beim Verein „Füreinander“, war stille Beobachterin im Hintergrund. „Ich habe gesehen, wie einfühlsam der Peppi auf die älteren Männer eingehen konnte und sie zum Mitmachen animiert hat.“Beim nächsten Stammtisch habe dann auch ein 90-Jähriger seine Ziehharmonika mitgebracht. Die immer älter werdende Gesellschaft sei darauf angewiesen, dass sich Menschen im Alter gegenseitig unterstützten. „Ich versuche immer, unsere Alltagsbegleiter bei den Senioren so einzusetzen, dass es beiden Seiten Freude bringt“, sagt Birner. „Deshalb habe ich Peppi angesprochen, ob er sich vorstellen könnte, an unserer damals bevorstehenden Schulung zum Alltagsbegleiter für Senioren teilzunehmen.“
Einmal im Jahr bietet der Verein Füreinander (zusammen mit der Volkshochschule Ammersee-West) eine 40-stündige Schulung für Menschen an, die ältere Menschen unterstützen wollen. Sie gehen mit ihnen spazieren, helfen beim Einkauf, spielen zu Hause Gesellschaftsspiele mit ihnen, lesen vor. Oder hören einfach nur zu. Die Schulung will Wissen um die Auswirkungen des Alterns und Verständnis für die Lebenssituation älterer sowie demenziell erkrankter Menschen vermit- teln. Die Absolventen nennen sich dann „Alltagsbegleiterin, Alltagsbegleiter“. Sie erhalten ein Abschlusszertifikat und können im Rahmen „Zusätzlicher Betreuungs- und Entlastungsleistungen“über den Verein Füreinander Leistungen der Pflegekassen abrechnen. Für Menschen mit geringer Rente durchaus ein zusätzlicher Anreiz, sich hier zu engagieren. Was für viele noch wichtiger ist: Das positive Gefühl, gebraucht zu werden und Bedeutung für Andere zu erfahren.
So erlebte Peppi Ernst das. Nach der Helferschulung (2014) besucht er nun regelmäßig zwei ältere Herren. Mit seinem 91-jährigen Musiker-„Kollegen“vom Stammtisch übt er vor jedem Treffen. Es sind inzwischen längst vergessene Stücke dabei. Und darüber freuen sich beide. In der von Frauen dominierten „Helferszene“ist Peppi Ernst eine Ausnahme. Dabei gibt es so viele ältere Männer, die sich über einen Besuch und ein Gespräch von Mann zu Mann freuen würden. Denn Fürsorge ist, wie das genannte Beispiel zeigt, durchaus nicht nur weiblich. „Wir müssen eine neue Kultur des Miteinanders entwickeln“, sagt Andrea Birner, „Wir werden alle immer älter. Wir brauchen uns. Und die vielen Anfragen nach Unterstützung älterer Menschen kann ich nur erfüllen, wenn sich auch genügend Menschen bereit erklären, diese Aufgaben zu übernehmen, Frauen und Männer.“
Am Frei tag, 3. Februar, gibt es im Uttinger Bür gertreff „17 & Wir“eine Informationsver anstaltung zur Schulung. Beginn ist um 17.30 Uhr. Der Lehrgang beginnt am Samstag, 25. Februar, und läuft über vier weitere Samstage jeweils von 9 bis 16.30 Uhr. Anmeldung bei Andrea Bir ner, Telefon 08806/924164.