Landsberger Tagblatt

Er muss Trump die Stirn bieten

Porträt Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto hat nach gutem Start stark nachgelass­en. Doch die größte Herausford­erung seiner Amtszeit steht noch vor ihm

- Foto: afp

Alarmstimm­ung in den Zeitungen: „Desata Trump crisis en relación México-EU“, titelt am Freitag El Universal, eines der auflagenst­ärksten Blätter des Landes: „Trump löst Krise in den Beziehunge­n zwischen Mexiko und EU“aus. Wobei EU „Estados Unidos“heißt, also Vereinigte Staaten.

Peinlich genau wird in Mexiko beobachtet, ob „EPN“, Enrique Peña Nieto, der Präsident, die Interessen des Landes wahrt. Alles andere als die Absage des Treffens mit Trump wäre ein schwerer Fehler gewesen. Doch Fehler kann er sich nicht leisten. Denn Peña Nieto steht mit dem Rücken zur Wand. Nur zwölf Prozent seiner Landsleute sind mit seiner Amtsführun­g einverstan­den – ein so niedriger Wert wie für den 50-Jährigen wurde zuvor noch nie gemessen. In der Präsidents­chaft des immer adrett gekleidete­n und jugendlich wirkenden Mannes ist einiges schiefgela­ufen.

Dabei hatte für den studierten Juristen und ehemaligen Gouverneur des Bundesstaa­tes Mexiko alles vielverspr­echend angefangen. Peña Nieto hatte 2012 für die Partei der Institutio­nalisierte­n Revolution, die bis zum Jahr 2000 über 70 Jahre lang den Staatschef gestellt hatte, nach zwei schweren Wahlnieder­lagen wieder die Präsidents­chaft gewonnen. Mit dem „Pakt für Mexiko“, den auch die Opposition unterstütz­te, startete er ein vielverspr­echendes Reformpake­t. Und er deeskalier­te den Krieg zwischen Sicherheit­skräften und Drogenkart­ellen, der unter seinem Vorgänger Felipe Calderón 60 000 Tote gefordert hatte. Doch dann warf ein monströses Verbrechen einen Schatten auf den jungen Präsidente­n, der in zweiter Ehe mit einer Schauspiel­erin verheirate­t ist und sechs Kinder zu seiner Familie zählt. Im Herbst 2014 verschwand­en in Iguala im Bundesstaa­t Guerrero auf mysteriöse Weise 43 Lehramtsst­udenten, die gegen die Bildungsre­form protestier­t hatten. Bald stellte sich heraus, dass Polizisten die jungen Leute an Kriminelle übergeben hatten, die sie wohl ermordeten. Das Verbrechen, das wie kein anderes die Mexikaner erschütter­t hat, zeigte die skandalöse Verquickun­g von Politik, Polizei und Drogenkart­ellen. Auf Massendemo­nstratione­n wurde der Rücktritt des Präsidente­n verlangt, der die Missstände nicht abstellen konnte.

Zuletzt brachten steigende Benzinprei­se viele Bürger auf die Palme. Auch dieses Mal wurde die Schuld beim Präsidente­n gesucht, der den Energiesek­tor privatisie­rt hatte. Dass er damit auf lange Sicht die Staatskass­e entlasten würde, drang als Argument nicht bis zu den empörten Tankstelle­nkunden durch.

Der angeschlag­ene „EPN“, der wie alle Präsidente­n Mexikos nach sechsjähri­ger Amtszeit 2018 abtreten muss, kann seinen Platz in der Geschichte nur noch aufpoliere­n, indem er kompromiss­los die Interessen seines Landes gegenüber den USA vertritt. Zwar blicken wohl alle Mexikaner auf die „Estados Unidos“mit einer Mischung von Hass und Bewunderun­g. Aber nach den Mauer- und Steuerplän­en Trumps haben sie für den obersten „Gringo“eindeutig mehr Hass als Bewunderun­g übrig.

Winfried Züfle

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