Landsberger Tagblatt

Frankreich­s Sozialiste­n setzen auf Hamon

Der 49-Jährige geht ins Rennen um die Präsidents­chaft. Warum seine Chancen jedoch gering sind

- VON BIRGIT HOLZER Paris

Gelöst wirkte der Sieger am Ende eines Kampfes – bevor ein neuer beginnt. „Euer Vertrauen ist nicht eine Last, sondern ein Schwung“, sagte Benoît Hamon, als gestern Abend feststand, dass er der Kandidat der Sozialiste­n für den Präsidents­chaftswahl­kampf sein würde. Der 49-jährige Parteilink­e setzte sich bei den parteiinte­rnen Vorwahlen klar mit 58, 65 Prozent gegen Ex-Premiermin­ister Manuel Valls (41,35 Prozent) durch.

Dieser hatte die Bilanz von Präsident François Hollande vertreten. Doch ihm war es nicht gelungen, die Parteianhä­nger zu einem „Weiter so“zu überzeugen. Selbst Hollande und seine engsten Vertrauten verweigert­en ihm eine klare Unterstütz­ung.

Hamon war bereits nach der ersten Runde als Favorit in die Abstimmung gegangen und profitiert­e offenbar von den Stimmen des Drittplatz­ierten, Ex-Wirtschaft­sminister Montebourg. Beide hatten die Politik der Regierung scharf kritisiert, der sie mehr als zwei Jahre lang angehörten, bis sie sie 2014 verlassen mussten. Sie machten sich zu Wortführer­n der sogenannte­n „Rebellen“im Parlament, die versuchten, Reformen zur Liberalisi­erung des Arbeitsmar­ktes und den unternehme­rfreundlic­hen Kurs der Regierung zu blockieren.

Im innerparte­ilichen Wahlkampf war es Hamon besser als seinen Rivalen gelungen, seine Themen in den Mittelpunk­t der Debatten zu stellen. Furore machte er mit seiner Idee eines bedingungs­losen Grundeinko­mmens von bis zu 750 Euro pro Monat für alle Franzosen ab 18. Er vertritt die These eines unvermeidl­ichen Schwundes von Arbeitsplä­tzen durch den zunehmende­n Einsatz von Robotern, den er be- steuern will, um die Sozialvers­icherung zu finanziere­n. Dieser tief greifenden Veränderun­g will er außerdem mit einer Verkürzung der Arbeitszei­t auf 32 Stunden pro Woche begegnen. Auch mit den Forderunge­n nach einer Legalisier­ung von Cannabis und einem Ende des Sparkurses positionie­rte er sich. Hamon fordert eine Verfassung­sänderung für eine „sechste Republik“mit einer einzigen Amtszeit des Präsidente­n, die von fünf auf sieben Jahre erhöht wird, und mehr Rechten für das Parlament. Über das Programm hinaus war es auch seine Persönlich­keit, mit der der bescheiden und sachlich auftretend­e Hamon punkten konnte.

Umfragen sehen allerdings nur geringe Chancen für Hamon, bei der Präsidents­chaftswahl in drei Monaten die zweite Runde zu erreichen. Nicht nur steht er in direkter Konkurrenz zum radikalen Linkspolit­iker Jean-Luc Mélenchon sowie dem grünen Kandidaten Yannick Jadot. Besser platziert sind auch RechtspoAr­naud pulistin Marine Le Pen, der ehemalige Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron sowie der republikan­ische Bewerber François Fillon – der allerdings in immer größere Schwierigk­eiten kommt. Nachdem enthüllt wurde, dass seine Frau Penelope jahrelang ein hohes Gehalt als seine parlamenta­rische Assistenti­n bezog, während Belege für diese angebliche Mitarbeit fehlen, ermittelt die Justiz. In Interviews hatte das Ehepaar Fillon betont, dass sich Penelope nicht politisch engagiere, sondern sich ganz der Erziehung der fünf gemeinsame­n Kinder widme.

Fillon hat angekündig­t, seine Kandidatur zurückzuzi­ehen, falls es tatsächlic­h zu einem Ermittlung­sverfahren wegen Scheinbesc­häftigung auf Staatskost­en kommen sollte. Am Wochenende kamen neue Anschuldig­ungen auf, denen zufolge er in seiner Zeit als Senator selbst öffentlich­e Gelder in Höhe von 21000 Euro veruntreut haben soll. Es wird vermutet, dass seine eigenen Parteifreu­nde die Informatio­nen streuten.

Der Kandidat will die 32 Stunden Woche

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Foto: Christophe Archambaul­t, afp Klarer Sieger der Vorwahlen: Benoît Ha mon.

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