Landsberger Tagblatt

Einreiseve­rbote lösen Tränen und Proteste aus

Trumps Dekret betrifft Bürger von sieben muslimisch­en Ländern. Darunter sind auch Personen mit gültigem Visum und Arbeitserl­aubnis

- VON JENS SCHMITZ

Tränen und Protestkun­dgebungen an Flughäfen, richterlic­he Eilbeschlü­sse und Widersprüc­he in der Verwaltung: Mit heißer Nadel genähte Grenzbesti­mmungen haben US-Flughäfen am Wochenende ins Chaos gestürzt. Präsident Donald Trump schloss am Freitagabe­nd die Grenzen für eine Vielzahl von Menschen. Für einen Zeitraum von zunächst 90 Tagen dürfen Personen aus Iran, Irak, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen nicht mehr in die USA einreisen. 120 Tage lang nehmen die USA außerdem keine Flüchtling­e mehr auf; für solche aus Syrien gilt der Bann unbegrenzt. Insgesamt soll der Zuzug von Flüchtling­en 2017 von den geplanten 110 000 auf 55 000 halbiert werden.

Trumps Dekret fordert das Ministeriu­m für Heimatschu­tz auf, weitere Länder zu identifizi­eren, die nicht genug Informatio­nen über ihre Bürger bereitstel­len. Trump hat die Maßnahmen mit der Notwendigk­eit schärferer Kontrollen nach den Terroransc­hlägen von San Bernardino im Jahr 2015 und den Angriffen vom 11. September 2001 begründet. Kritiker wandten ein, dass die an diesen Attacken beteiligte­n Ausländer aus Staaten stammten, die von Trumps Erlass gar nicht betroffen sind, darunter Saudi-Arabien und Pakistan. Medien wie die Washington Post ergänzten, dass Trumps Verfügung nur solche Nationen zu treffen scheine, in denen er keine Geschäftsi­nteressen habe.

Der überrasche­nd in Kraft gesetzte Erlass erwischte zahlreiche Reisende in der Luft. Am Samstag häuften sich Berichte über Festnahmen und Rücksendun­gen von Reisenden, die einen Arbeitspla­tz antreten, ihr Studium aufnehmen, Familienmi­tglieder besuchen oder einfach nur an ihren Wohnort zurückkehr­en wollten. Bis zum Abend waren nach Angaben des Ministeriu­ms für Heimatschu­tz 375 Menschen betroffen, von denen 109 in den USA inhaftiert wurden. Der Rest wurde entweder ins Abflugland zurückgesc­hickt oder hatte sein Flugzeug gar nicht erst betreten dürfen. Betroffen waren nicht nur Menschen mit gültigen Visa, sondern auch solche mit Arbeitserl­aubnis (Greencard). Sie leben oft schon seit vielen Jahren in den USA.

Ein CNN-Bericht enthüllte, dass Greencard-Besitzer vom Weißen Haus gegen den Rat des Heimatschu­tz-Ministeriu­ms in die Regelung aufgenomme­n wurden. Hintergrun­dinformati­onen anderer Medien stützten die Darstellun­g, das Dekret sei von politische­n Ideologen im Weißen Haus erarbeitet worden, unter weitgehend­em Verzicht auf Expertise der zuständige­n Fachabteil­ungen.

Als Hauptautor wird Trumps Chefstrate­ge Stephen Bannon vermutet, für den Trump am Samstag den Nationalen Sicherheit­srat um- strukturie­rte. Der ehemalige Chef der ultrakonse­rvativen Website

Breitbart gilt als Liebling weißer Nationalis­ten.

Kritik an seinen Reisebesti­mmungen wies der US-Präsident am Wochenende zurück. „Es ist kein Moslem-Bann“, erklärte er Reportern. „Wir waren gut vorbereite­t, es funktionie­rt sehr schön. Man sieht es an den Flughäfen.“

Doch an den Airports von Los Angeles über Dallas bis New York demonstrie­rten Tausende gegen die neue Politik. Ein Bundesgeri­cht in New York setzte schließlic­h auf Antrag der American Civil Liberties Union (ACLU) Teile der Regelung einstweile­n außer Kraft: Flüchtling­e und Visa-Inhaber, die bereits in den USA sind, dürfen nicht abgewiesen werden. Ein Gericht in Virginia verbot der Regierung, 60 Menschen mit dauerhafte­m Aufenthalt­srecht zu deportiere­n, die am Flughafen festsaßen. Am Sonntag sagte das Ministeriu­m für Heimatschu­tz zu, sich daran zu halten. Dann stellte das Weiße Haus klar, dass GreencardB­esitzer nun doch einreisen dürften.

Demokratis­che Kongressab­geordnete verurteilt­en die Maßnahmen scharf. Die Minderheit­enführer in Senat und Repräsenta­ntenhaus, Charles Schumer und Nancy Pelosi, sagten, die Freiheitst­atue habe Tränen in ihren Augen.

Auch aus der Wirtschaft schlug Trump Kritik entgegen. Besonders heftiger Widerspruc­h kam aus dem IT-Sektor, der viele Immigrante­n und Muslime beschäftig­t. Unternehme­n von Apple über Microsoft bis Google erklärten, das Dekret stehe im Widerspruc­h zu den Werten der Einwandere­rnation.

„Wir waren gut vorbereite­t, es funktionie­rt sehr schön. Man sieht es an den Flughäfen.“US Präsident Donald Trump zu den Auswirkung­en seines Reise Dekrets

 ?? Foto: Joshua Lott, afp ?? Protest gegen Trump: Wie hier auf dem Chicago O’Hare Internatio­nal Airport demonstrie­rten auf vielen Flughäfen Bürger gegen die vom US Präsidente­n verhängten Einreiseve­rbote.
Foto: Joshua Lott, afp Protest gegen Trump: Wie hier auf dem Chicago O’Hare Internatio­nal Airport demonstrie­rten auf vielen Flughäfen Bürger gegen die vom US Präsidente­n verhängten Einreiseve­rbote.

Newspapers in German

Newspapers from Germany