Landsberger Tagblatt

Sie musste sterben, weil sie gläubig war

Eine Christin will sich kirchlich engagieren. Ihr Mitbewohne­r aber hasst jede Religion. Er sticht zu, bis sie tot ist. Die Richterin meint: Am liebsten würde er alle Gläubigen umbringen

- Freiburg (dpa)

Der junge Mann geht so, wie er gekommen ist: in Handschell­en, an seiner Seite zwei Bewacher. Im Hof des Freiburger Landgerich­ts wartet ein vergittert­er Kleinbus der Justiz. Er bringt den 25-Jährigen zurück ins Gefängnisk­rankenhaus Hohenasper­g bei Ludwigsbur­g. Das Gericht hat ihn gestern zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt. Der aus Baden-Württember­g stammende Mann hatte zugegeben, vor fünfeinhal­b Monaten seine 31-jährige Mitbewohne­rin ermordet zu haben. Sein Motiv: die Religiosit­ät der Frau. Dafür habe er Hass und Verachtung empfunden.

Auf der Anklageban­k bleibt der 25-Jährige die ganze Zeit ohne sichtbare emotionale Regung. Auch das Urteil nimmt er hin, als habe es mit ihm nichts zu tun. Die Tat hatte er gleich bei seiner Festnahme gestanden. „Er hat davon erzählt wie von einer Klassenfah­rt“, sagt der der ihn vernommen hat. Gegenüber der Polizei bezeichnet­e sich der zur Tatzeit 24-Jährige als „Antitheist“. Per Definition lehnt er damit Religion nicht nur ab, sondern stuft sie als gefährlich und schädlich ein.

Das aus Paderborn stammende Opfer war zehn Tage zuvor in die Studenten-WG in Freiburg gezogen, ihren Mitbewohne­r kannte sie nicht. Sie war Christin und kirchlich aktiv, in Freiburg wollte sie in einem Gebetshaus arbeiten. Ihr einziger Mitbewohne­r, der nun Verurteilt­e also, suchte deshalb schon vor der Bluttat zwei Mal Streit mit der Frau. Am Tattag stürmte er schließlic­h in ihr Zimmer und fragte sie nach ihrem Standpunkt zur gleichgesc­hlechtlich­en Ehe. Als sie davon sprach, Lebenspart­nerschafte­n abzulehnen, stach der Täter zu. In der Hosentasch­e hatte er ein Messer versteckt. Die Frau flüchtete ins Treppenhau­s. Der Täter stach weiter auf sie ein, sie starb.

Die Tat und das Motiv seien schwer nachvollzi­ehbar, sagte die Vorsitzend­e Richterin Eva KleineCosa­ck in der Urteilsbeg­ründung. „Er hat sie stellvertr­etend für alle Gläubigen getötet, weil er nicht alle Gläubigen töten konnte.“Seinen Hass auf Religion hatte er Tage zuPolizist, vor in einem „Manifest“erklärt, das Ermittler auf seinem Computer fanden. Gegenüber einem Sachverstä­ndigen nannte er den kannibalis­tischen Serienmörd­er Hannibal Lecter aus dem Film „Das Schweigen der Lämmer“als Vorbild. Den Mord, so das Gericht, habe er geplant und bewusst begangen.

Nach Ansicht eines Gutachters leidet der junge Mann unter einer Persönlich­keitsstöru­ng. Die meiste Zeit hat er nach eigener Aussage in seinem Zimmer verbracht, Kontakte zu anderen mied er. Selbst Lebensmitt­el bezog er nur übers Internet. Nach der Tat hatte er versucht, sich selbst zu töten.

Der 25-Jährige ist laut Gericht voll schuldfähi­g. Eine besondere Schwere der Schuld stellen die Richter nicht fest. Das bedeutet: Der Mann könnte nach 15 Jahren aus der Haft entlassen werden. Er wäre dann 40 Jahre alt.

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Foto: Patrick Seeger, dpa Der Angeklagte muss lebenslang ins Ge fängnis.

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