Landsberger Tagblatt

Störenfrie­de tun gut

Weshalb Demokratie diesen Typus braucht

- (ws)

Es geht um die Ordnung im Staat. Und da hat sich der Philosoph Dieter Thomä eigentlich ein wunderbare­s, weil auch süffiges Thema vorgenomme­n. Er hat nämlich im Lauf der Jahrhunder­te untersucht, inwiefern gerade Menschen wichtig sind, die sich nicht in die herrschend­e Ordnung fügen wollen. Er nennt diese Figur Störenfrie­d, in akademisch­em Gestus „Puer robustus“(„kräftiger Knabe“) – weil beim rigiden Staatstheo­retiker Thomas Hobbes steht, dass „ein böser Mann so ziemlich einem kräftigen Knaben oder einem Manne mit kindischem Sinne gleicht“.

Doch während Hobbes vor 370 Jahren einen solchen noch als Feind der Gesellscha­ft darstellte, sagt Thomä: „Keine Demokratie ohne Störenfrie­de!“Gerade solche Figuren seien immer wieder nötig, um die Ordnung auf die Probe zu stellen und für Irritation im System zu sorgen, weil es sich erst dadurch weiterentw­ickelt. Wie gesagt: gute These, interessan­t entwickelt. Gutes Buch.

Aber aktuell auch die Frage: Sind Islamisten und Neonazis nicht auch Störenfrie­de? Wird die These da zynisch? Der Philosoph vermag das sauber zu trennen. Denn solche Menschen seien ja gerade „nicht Störer, sondern radikale Ordnungsfa­natiker“. Und auch ein Hoch auf Pegidisten wird nicht daraus. Gut für die Demokratie sind auch sie nur dann, wenn sie deren erstarrte Strukturen und Institutio­nen anzweifeln – also als Anti-Ideologen, nicht als Ideologen.

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Dieter Thomä: Puer robustus – Eine Philosophi­e des Störenfrie­ds

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