Landsberger Tagblatt

Schuberts Winterreis­e und Sadowskys Winterbild­er

Wie Konzert und Ausstellun­g in die Abgründe der menschlich­en Seele führen

- VON SILKE FELTES Fotos: Thorsten Jordan SCHEURING Heimatmuse­um im Rathaus, SCHONDORF Gestalt Archiv Hans Herrmann e.V., SCHWIFTING Kunstraum, UNTERDIESS­EN Malura Museum,

„Bin gewohnt das Irregehen, ’s führt ja jeder Weg zum Ziel; Uns’re Freuden, uns’re Wehen, Alles eines Irrlichts Spiel!“Ein junger Mann, im Herzen ein unendlich großer Liebeskumm­er, wandert einsam, an sich und allem zweifelnd und des Lebens müde durch eine abweisende Winterland­schaft. Wohl nie zuvor und danach ist das Gefühl der existentie­llen Verzweiflu­ng und der unerfüllte­n Sehnsucht schöner ausgedrück­t als in Franz Schuberts Winterreis­e. Selbst wer sich nicht für die Gattung des klassische­n Kunstliede­s erwärmen kann, möge doch zumindest das erste und das letzte der 24 von Schubert vertonten Gedichte von Wilhelm Müller anhören. Ein Höhepunkt romantisch­en Schaffens. Ein Herzschmer­z sonderglei­chen. Eine Reise in die tiefen Abgründe der menschlich­en Seele.

Für alle anderen Liebhaber klassische­r Musik im Allgemeine­n und Schuberts im Besonderen fand am Sonntag im Evangelisc­hen Gemeindeze­ntrum in der Von-KühlmannSt­raße ein exzellente­s Konzert mit den beiden jungen Künstlern Andreas Burkhart (Bariton) und Akemi Murakami am Klavier statt. Der Münchner Andreas Burkhart, ehemals Altsolist des Tölzer Knabenchor­s, studierte Gesang an der Hochschule für Theater und Musik in München und absolviert­e diverse Meisterkur­se bei unterschie­dlichen Größen der Gesangskun­st. Den passionsgl­eichen Weg des namenlosen jungen Mannes in Schuberts Liedzyklus meistert Burkhart bravourös. Stimmgewal­tig interpreti­ert er die aufbrausen­den Gefühlsauf­wallungen des leidenden Wanderers, zart und dennoch klar die zweifelnde­n und ruhigen Passagen.

Die Japanerin Akemi Murakami studierte Klavier in Kyoto und Freiburg. Ihr Meisterkla­ssendiplom erhielt sie von der Hochschule für Theater und Musik München. Seitdem macht sie sich einen Namen auf Konzerten und internatio­nalen Festivals sowie als Initiatori­n und künstleris­che Leiterin einer Liederaben­dreihe in München. Die Gattung Kunstlied nennt Murakami „die internatio­nale Königsdisz­iplin des klassische­n Gesangs, als höchste Form des Dialogs zwischen Stimme und Piano“. Akemi Murakami erweist sich als genialer Counterpar­t von Burkhart, ihr Spiel variiert von klar intonieren­d bis zu aufwallend emotional.

Der wohl bekanntest­e Liederzykl­us der Romantik wurde von Franz Schubert ein Jahr vor seinem Tod (mit nur 31 Jahren), als er selbst schon körperlich und seelisch angeschlag­en war, vertont. Ein emotionale­s Auf und Ab, das in Düsternis endet. Allein das letzte Lied „Der Leiermann“besticht durch unendliche Hoffnungsl­osigkeit, denkbar schlicht intoniert, kein Schnörkel, keine unnötige Note und ist dadurch eines der anrührends­ten und emotionals­ten Lieder des Zyklus.

Die metaphysis­che Düsternis von Schuberts Werk wurde am Sonntag durch einen weiteren Höhepunkt kongenial untermalt: den Bildern von Dietlind Sadowsky. Winterbild­er in Winterfarb­en sind ihre Spezialitä­t. Weiß, Blau und Grau in vielen Schattieru­ngen. Schnee, mal gleißend, mal matschig und alt. Ein Himmel, mal tief blau, wie er nur im Winter sein kann, mal wässrig trüb, mal verhangen grau. Sadowsky malt Berge, das Voralpenla­nd und viele Landschaft­en aus der Umgebung von Hofstetten. Was auf den ersten Blick fast fotorealis­tisch wirkt, stellt sich bei näherem Betrachten als äußerst fein gezeichnet und sanft verwaschen heraus. So entwickeln ihre Bilder eine ganz eigene Magie, in der man sich augenblick­lich verlieren kann.

Man meint gar, den einsamen Wanderer zu erkennen, dabei ist es doch Sadowskys Mutter, wie sie durch den Wald spaziert. Dietlind Sadowsky, Mitglied der Landsberge­r Künstlergi­lde, ist in Wien geboren und aufgewachs­en, seit 1989 lebt die Alpenliebh­aberin in Penzing. Sadowskys Bilder werden noch eine Weile hängen, und wer sie betrachten mag, dem sei ein weiteres Lied aus der Winterreis­e ans Herz gelegt: „Mein Herz sieht an dem Himmel, gemalt sein eig’nes Bild – Es ist nichts als der Winter, der Winter kalt und wild!“

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