Schuberts Winterreise und Sadowskys Winterbilder
Wie Konzert und Ausstellung in die Abgründe der menschlichen Seele führen
„Bin gewohnt das Irregehen, ’s führt ja jeder Weg zum Ziel; Uns’re Freuden, uns’re Wehen, Alles eines Irrlichts Spiel!“Ein junger Mann, im Herzen ein unendlich großer Liebeskummer, wandert einsam, an sich und allem zweifelnd und des Lebens müde durch eine abweisende Winterlandschaft. Wohl nie zuvor und danach ist das Gefühl der existentiellen Verzweiflung und der unerfüllten Sehnsucht schöner ausgedrückt als in Franz Schuberts Winterreise. Selbst wer sich nicht für die Gattung des klassischen Kunstliedes erwärmen kann, möge doch zumindest das erste und das letzte der 24 von Schubert vertonten Gedichte von Wilhelm Müller anhören. Ein Höhepunkt romantischen Schaffens. Ein Herzschmerz sondergleichen. Eine Reise in die tiefen Abgründe der menschlichen Seele.
Für alle anderen Liebhaber klassischer Musik im Allgemeinen und Schuberts im Besonderen fand am Sonntag im Evangelischen Gemeindezentrum in der Von-KühlmannStraße ein exzellentes Konzert mit den beiden jungen Künstlern Andreas Burkhart (Bariton) und Akemi Murakami am Klavier statt. Der Münchner Andreas Burkhart, ehemals Altsolist des Tölzer Knabenchors, studierte Gesang an der Hochschule für Theater und Musik in München und absolvierte diverse Meisterkurse bei unterschiedlichen Größen der Gesangskunst. Den passionsgleichen Weg des namenlosen jungen Mannes in Schuberts Liedzyklus meistert Burkhart bravourös. Stimmgewaltig interpretiert er die aufbrausenden Gefühlsaufwallungen des leidenden Wanderers, zart und dennoch klar die zweifelnden und ruhigen Passagen.
Die Japanerin Akemi Murakami studierte Klavier in Kyoto und Freiburg. Ihr Meisterklassendiplom erhielt sie von der Hochschule für Theater und Musik München. Seitdem macht sie sich einen Namen auf Konzerten und internationalen Festivals sowie als Initiatorin und künstlerische Leiterin einer Liederabendreihe in München. Die Gattung Kunstlied nennt Murakami „die internationale Königsdisziplin des klassischen Gesangs, als höchste Form des Dialogs zwischen Stimme und Piano“. Akemi Murakami erweist sich als genialer Counterpart von Burkhart, ihr Spiel variiert von klar intonierend bis zu aufwallend emotional.
Der wohl bekannteste Liederzyklus der Romantik wurde von Franz Schubert ein Jahr vor seinem Tod (mit nur 31 Jahren), als er selbst schon körperlich und seelisch angeschlagen war, vertont. Ein emotionales Auf und Ab, das in Düsternis endet. Allein das letzte Lied „Der Leiermann“besticht durch unendliche Hoffnungslosigkeit, denkbar schlicht intoniert, kein Schnörkel, keine unnötige Note und ist dadurch eines der anrührendsten und emotionalsten Lieder des Zyklus.
Die metaphysische Düsternis von Schuberts Werk wurde am Sonntag durch einen weiteren Höhepunkt kongenial untermalt: den Bildern von Dietlind Sadowsky. Winterbilder in Winterfarben sind ihre Spezialität. Weiß, Blau und Grau in vielen Schattierungen. Schnee, mal gleißend, mal matschig und alt. Ein Himmel, mal tief blau, wie er nur im Winter sein kann, mal wässrig trüb, mal verhangen grau. Sadowsky malt Berge, das Voralpenland und viele Landschaften aus der Umgebung von Hofstetten. Was auf den ersten Blick fast fotorealistisch wirkt, stellt sich bei näherem Betrachten als äußerst fein gezeichnet und sanft verwaschen heraus. So entwickeln ihre Bilder eine ganz eigene Magie, in der man sich augenblicklich verlieren kann.
Man meint gar, den einsamen Wanderer zu erkennen, dabei ist es doch Sadowskys Mutter, wie sie durch den Wald spaziert. Dietlind Sadowsky, Mitglied der Landsberger Künstlergilde, ist in Wien geboren und aufgewachsen, seit 1989 lebt die Alpenliebhaberin in Penzing. Sadowskys Bilder werden noch eine Weile hängen, und wer sie betrachten mag, dem sei ein weiteres Lied aus der Winterreise ans Herz gelegt: „Mein Herz sieht an dem Himmel, gemalt sein eig’nes Bild – Es ist nichts als der Winter, der Winter kalt und wild!“
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