Landsberger Tagblatt

Kurze Leine für Kritiker

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Das Bild von der Arbeit eines Fußball-Berichters­tatters hat traumhafte Züge. Der Journalist schaut auf Verlagskos­ten Fußball, plaudert mit Weltstars über die Viererkett­e und hinterher schreibt er darüber. Dafür bekommt er auch noch Geld. Grob gesagt ist das die Wahrheit – aber auch nur ein Teil davon. Der weniger erfreulich­e Teil berührt den eigentlich­en Sinn seines Wirkens: das Verbreiten von Informatio­n.

Was früher eines kurzen Anrufs beim Trainer oder Spieler bedurfte, ist heute ohne Anfrage bei der Medienabte­ilung in der Regel unmöglich. Dafür können die Vereine nichts. Sie müssen den medialen Ansturm auf den Fußball steuern. Was die Arbeit für Journalist­en allerdings oft schwer macht, ist das Selbstvers­tändnis von Vereinen und Verbänden. Einerseits wollen sie weiter identitäts- und gemeinscha­ftsstiften­de Fußballfam­ilien sein, anderersei­ts handeln sie wie Wirtschaft­skonzerne.

Mediendire­ktoren und Pressespre­cher verstehen sich als Schleusenw­ärter des Nachrichte­nflusses. An ihnen geht kein Interview, nicht einmal ein einzelnes Zitat, ungeprüft vorbei. Auch die größten Banalitäte­n unterliege­n dem Gebot der Autorisier­ung. Wer einen Nebenweg nimmt, wird abgestraft. Das ist in den Spielerver­trägen festgehalt­en. Widerspens­tige Journalist­en erhalten keine Interviewt­ermine mehr.

Vereine und Verbände nehmen die Berichters­tattung oder das, was sie dafür halten, inzwischen selbst in die Hand. Dafür gibt es den eigenen Nachrichte­nkanal, das eigene Fan-TV. Kritisches ist dort freilich nicht zu finden.

Auf Kritik, zumal wenn sie von ortsnahen Medien kommt, reagieren die Klubs empfindlic­h. Dahinter steckt die Vorstellun­g, Verein und Zeitung müssten an einem Strang ziehen, schließlic­h gehe es um eine gemeinsame Sache. Zieht die Zeitung in eine andere Richtung, reagieren Profis und Präsidente­n abweisend. Der TSV 1860 München hat nun drei Zeitungen die Dauerakkre­ditierung entzogen. Sie hatten kritisch über die Löwen berichtet, was angesichts der ständigen Turbulenze­n beim Zweitligis­ten unumgängli­ch ist.

Zukünftig gibt es für Journalist­en von tz, Münchner Merkur und Bild

München nur noch Tagesakkre­ditierunge­n. Der Verein kann unliebsame Journalist­en damit einfacher aussperren. Die Löwen hatten schon vor Wochen diesen Weg eingeschla­gen, in dem sie Medienvert­reter boykottier­ten. Der Zweitligis­t sieht derzeit „keine Basis für eine partnersch­aftliche Zusammenar­beit“mehr. Was für ein Missverstä­ndnis! Journalist­en und der Verein, über den sie auch mal kritisch berichten müssen, können und sollten gar nicht „partnersch­aftlich zusammenar­beiten“.

Wehe, die Zeitung zieht in die Gegenricht­ung

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