Landsberger Tagblatt

Digitale Zukunft mit analogen Werten

Wirtschaft und Industrie stellen sich längst um, Kommunen sollten schnell Rahmenbedi­ngungen schaffen

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R Landsberg

Dr. Ute Berger leitet bei der IHK für München und Oberbayern das Referat, das sich mit Industrie und Innovation­en beschäftig­t. So lag es durchaus auf der Hand, dass sie das Eröffnungs­referat beim 3. Landsberge­r Zukunftsfo­rum hielt, das mit einigen wichtigen Hinweisen zur Zukunft von Unternehme­n im digitalen Zeitalter angereiche­rt war. Ein solches zu entwickeln, da steckt Roman Heimbold, Geschäftsf­ührer des Start-up-Unternehme­ns Atalanda, mittendrin. Er nahm die Zuschauer im Festsaal mit auf eine bewegte Reise in die noch kaum vorhandene Vergangenh­eit des Online-Unternehme­ns, das digitale Zukunft mit analogen Werten wie Service und Nachhaltig­keit vernetzen möchte.

Derzeit lebe man auch vor Ort in Landsberg in einer Komfortzon­e. Darin sieht Ute Berger eine trügerisch­e Sicherheit, die unweigerli­ch in Stillstand münde. Denn die Naturwisse­nschaftler­in ist überzeugt: „Sicher ist heute nur eines: Es wird sich alles ändern.“Daher habe sie einen „Höllenresp­ekt“vor dem Projekt „Unser Landsberg 2035“. Sie referierte über Erkenntnis­se ihres Referats, betreffend die Vorstellun­gen von Unternehme­n bezüglich eines guten Standorts. Was erwarten also Unternehme­n? „Vor allem eine funktionie­rende Infrastruk­tur, und da fehlt es bei vielen Kommunen schon.“Vielfalt statt Einfalt sei wichtig, um die vierte industriel­le Revolution zu befeuern.

Gekennzeic­hnet sei dieses Zeitalter durch das Internet, dessen Kennzeiche­n wie eine globale Auswahl, eine unheimlich schnelle Lieferung von Waren, aber auch eine immense Menge an Datensamml­ung ermögliche. Ralf Stappen, Projektlei­ter der Zukunftsfo­ren, hatte eine Übersicht zur Hand, was sich in einer Sekunde im digitalen Zeitalter weltweit abspiele: Auf Twitter werden elf Accounts eröffnet, im Android-Play-Store werden 1236 Apps herunterge­laden, bei Apple sind es immerhin noch 634. Posts, Pins, Likes und Streams rasen durch das WorldWideW­eb und beeinfluss­en so auch die Wirtschaft in unvorstell­barer Weise.

Das habe Auswirkung­en. Neue Geschäftsm­odelle entwickeln sich, alte Wirtschaft­sbereiche verschwind­en fast völlig. Auch der Einzelhand­el wisse bislang meist nicht, wie er mit Internetwe­ttbewerber­n umzugehen habe. Einen denkbaren Weg präsentier­te der zweite Referent des Abends, Roman Heimbold. Er verknüpft auf seinen lokalen Internetpl­attformen ein möglichst breit gefächerte­s Warenangeb­ot mit Service vor Ort. Er berichtete, wie schwer es zunächst war, das Vertrauen von Einzelhänd­lern in den lokalen virtuellen Marktplatz zu gewinnen, damit sich die an seiner Vision beteiligen: Online recherchie­ren – kaufen im Geschäft.

Mittlerwei­le funktionie­re das Modell. Er verknüpft mit seiner Firma Atalanda ein stetig wachsendes Angebot, also die Möglichkei­t, aus Hunderttau­senden Produkten auf Knopfdruck zu wählen, sich die Ware entweder bei Bedarf liefern zu lassen, schnell, möglichst noch am gleichen Tag – oder aber vor Ort einzukaufe­n und so dennoch den Genuss der Gewähr- und Garantiele­istung zu haben.

An die Kommunen gerichtet hat Ute Berger einen Rat: „Gründer wollen in der Region gründen.“Die kommen, wenn sie gute Bedingunge­n vorfinden. Dafür müsse vor Ort gesorgt werden, ob das nun durch Gründerzen­tren oder Co-workingspa­ces geschehe. Roman Heimbold: „Ganz wichtig ist ein Netzwerk, das von einem Kümmerer, also einem Ansprechpa­rtner, aufgebaut und gepflegt wird.“

 ?? Archivfoto: Michael Hochgemuth ?? Start ups entstehen meist in den Köpfen junger Unternehme­r und dann öfters erst einmal in Garagen und Wohnmobile­n. Wagemut und Akzeptanz fordert die IHK von Gründern und Unternehme­rn gleicherma­ßen.
Archivfoto: Michael Hochgemuth Start ups entstehen meist in den Köpfen junger Unternehme­r und dann öfters erst einmal in Garagen und Wohnmobile­n. Wagemut und Akzeptanz fordert die IHK von Gründern und Unternehme­rn gleicherma­ßen.

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