Staatlicher Massenmord
Baschar al-Assad als kleineres Übel, als potenzieller Garant gar für einen Übergang in eine bessere Zukunft des Landes? Die Wahrnehmung des syrischen Machthabers hat sich in den letzten Monaten unmerklich, aber doch spürbar gewandelt. Vor dem Hintergrund der unfassbaren Gräueltaten durch die Milizen des Islamischen Staates (IS) verblassten die Verbrechen des Assad-Regimes.
Damit muss es nun vorbei sein. Wenn auch nur ein Teil der Vorwürfe von Amnesty International zutrifft, dann stehen die Grausamkeiten der Schergen in Diensten des Regimes den Untaten der fanatisierten Islamisten in nichts nach. Die Enthüllungen der Menschenrechtsorganisation, die einen Ruf als seriöse Informationsquelle hat, müssen Folgen haben. Wer Tausende in seinen Gefängnissen willkürlich hinrichten lässt, hat endgültig das Recht verwirkt, die Geschicke Syriens mitzubestimmen. Es ist nicht schwer, sich auszumalen, wie die Rache an den Gegnern Assads aussehen wird, falls die Truppen Zugriff auf weitere Regionen des Landes erhalten sollten. Das darf nicht geschehen.
Ohne die Unterstützung Russlands kann das Regime nicht überleben. Moskau muss Assad in den Arm fallen, sonst macht es sich mitschuldig an diesem Massenmord. gefoltert, um an Informationen zu kommen, sagt der syrische Menschenrechtler Masen Darwisch, der selbst mehrfach in Haft saß. „Seit 2011 gibt es Folter der Folter wegen, um Menschen zu zerstören und ihre Seelen und Körper zu töten.“
Amnestys Erkenntnisse decken sich mit anderen Berichten über Gräueltaten der Regierung. So prangerte der UN-Menschenrechtsrat vor einem Jahr an, dass Häftlinge in Regierungsgefängnissen gefoltert und totgeschlagen würden. Schon vor drei Jahren waren rund 50000 Bilder bekannt geworden, die ein ehemaliger Gefängnisfotograf mit dem Decknamen „Caesar“2013 aus dem Land geschmuggelt hatte. Sie zeigen tausende Leichen von Gefangenen, viele mit Spuren schwerster Misshandlungen. Über jeden Toten führte das Regime akribisch Buch. Die Bilder belegten die staatliche syrische „Todesmaschinerie“, schreibt die Autorin Garance Le Caisne in ihrem preisgekrönten Buch „Codename Caesar“. Der Amnesty-Bericht dürfte nicht ohne Folgen für die neuen Syrien-Gespräche bleiben, die noch im Februar in Genf beginnen sollen.
Jan Kuhlmann, dpa