Mehr Polizeikontrollen in Asylbewerberheimen
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat regelmäßige Kontrollen von Asylbewerberunterkünften durch die Polizei angeordnet. „Wir müssen wissen, wer sich in den Asylunterkünften aufhält und was dort vor sich geht“, sagte Herrmann. Unter anderem sollen durch die Kontrollen Betrügereien bei der Identitätsfeststellung und beim Leistungsbezug verhindert werden. Nach Angaben des Innenministers hatte Bayerns Polizei im vergangenen Jahr mehr als 27 000 Einsätze in Asylbewerberunterkünften. Das waren 57 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Anlässe reichten von kleinen Streitigkeiten bis hin zu Großeinsätzen bei schweren Straftaten.
Sie waren acht Jahre alt, als Ihre Leidenszeit begann.
Probst: Schon in den ersten beiden Tagen in der Vorschule der Regensburger Domspatzen in Etterzhausen gab es beim morgendlichen Antritt die ersten Ohrfeigen: „439, vortreten!“
Sie wurden mit einer Nummer angesprochen?
In der Zusage, dass ich an der Schule aufgenommen werde, hieß es: In jedes Kleidungsstück, in jedes Handtuch, in jeden Waschlappen sind Nummern einzunähen. Ich erhielt die Nummer 439.
Fühlten Sie sich wie im Gefängnis?
Probst: Zumindest war ich anfangs lieber dort als zu Hause. Dort war ich unter gleichaltrigen Jungs. Mein Vater und seine neue Frau wollten mich loshaben. Sie wollten ein ruhiges Leben führen, ohne auf mich und meine Schwester aufpassen zu müssen. Das bekam ich zu spüren. Ich bin aber vom Regen in die Traufe geraten: In Etterzhausen wollte man das Kindsein an sich nicht haben. Dumme-Jungen-Streich, würde ich heute sagen. Andere wurden tatsächlich gewalttätig in diesem System der Gewalt. Ich habe gerauft, wie Jungen in dem Alter eben raufen, aber ich habe nicht brutal zugeschlagen.
Im Herbst informierten Sie mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer die Öffentlichkeit über den Stand der Aufarbeitung. Demnach haben sich 422 mögliche Opfer gemeldet, zwischen 1953 und 1992 kam es in Vorschule und Internat des berühmten Knabenchors in hunderten Fällen zu körperlicher und sexueller Gewalt.
Bischof Voderholzer setzt sich glaubhaft für uns Opfer ein, das ist mein Eindruck. Er hat das Bedürfnis, die Dinge zu befrieden. Das habe ich auch: Man muss irgendwann Frieden finden. dass es eines geben wird. Uns Opfern wäre wichtig, dass er uns glaubhaft macht, dass er sich mit dem ganzen Ausmaß des Missbrauchsskandals ehrlich befasst.
Müller war von 2002 bis 2012 Regensburger Bischof, heute ist er als Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan oberster Glaubenshüter der katholischen Kirche. Was werfen Sie ihm vor?
Nichtstun. Und: Er hat die Opfer als Beschmutzer seines Bistums dargestellt.
Erst kürzlich sprach Müller von „gezielt verbreiteten postfaktischen Behauptungen“– er habe die Aufklärung weder verzögert noch verhindert.
Probst: lachen. Ich kann darüber nur noch
Wann wird der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber, der als unabhängiger Sonderermittler tätig ist, seinen Abschlussbericht vorlegen?
Probst: Ich rechne damit in den nächsten Wochen. Er dürfte seinen Bericht fast fertig haben, ich bin sehr gespannt. Wahrscheinlich haben sich bei ihm weitere Opfer gemeldet.
Wird sich sein Bericht auch mit Georg Ratzinger befassen? Der Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI. war als Domkapellmeister von 1964 bis 1994 „Chef“der Domspatzen.
Er wird vorkommen, da bin ich mir sicher. Ratzinger wusste de- finitiv vom körperlichen und sexuellen Missbrauch. Ein Regensburger Historiker wird zudem in einer Studie Ratzingers Rolle genauer untersuchen.
Sie haben Ratzinger zwischen 1968 und 1972 erlebt. Sie waren als Internatsschüler im Palestrina-Chor, den er leitete. Sie werfen ihm unter anderem vor, dass er mit einem Klavierstuhl, einem Metronom, mit Tellern und Kerzenständern nach Kindern, auch nach Ihnen, schmiss.
Probst: Er hat mich auch verprügelt. Und einmal hat er mir die Haare ausgerissen, derart heftig, dass ich eine Fünf-Mark-Stück große kahle Stelle auf dem Kopf hatte. Ich hab die Haare aufgesammelt und in einen Geldbeutel gesteckt. Ich hab die Haare jahrelang aufgehoben.
Sie unterstellen ihm im Buch, dass es ihm Spaß machte, Kinder zu schlagen.
Probst: Er war cholerisch und hatte eine sadistische Ader.
Georg Ratzinger räumte ein, Ohrfeigen verteilt zu haben. Von sexuellen Missbrauchsfällen habe er „überhaupt nichts gehört“, sagte er vor einem Jahr.
Und er sagte, dass er sich nicht erinnern könne. Dazu fällt mir nichts mehr ein.
Sie waren elf Jahre alt, als Sie sich Ihrem Vater anvertrauten. Nahm er Sie sofort aus dem Internat?
Probst: Ja, und zuvor hatte er eine
„Hafner“wurde 1978 in Eichstätt zum Priester geweiht und war im Bistum Eichstätt Pfarrer. Im März 2010 entband ihn Bischof Hanke von seinen seelsorglichen Aufgaben und priesterlichen Vollmachten. Er ist heute Ende 60 und lebt nach meinen Informationen außerhalb des Bistums Eichstätt. Was verlangen Sie von ihm?
Probst: Ach ... Ich hoffe vor allem, dass er nie mehr mit Kindern arbeiten darf. Der Institution Kirche kann ich ja nicht vergeben, aber ich habe einzelnen Tätern von damals vergeben. Wem ich nie vergeben werden kann, das ist einem Kinderschänder. Auf der anderen Seite: Irgendwann muss Schluss sein.
„Ratzinger wusste definitiv vom sexuellen Missbrauch.“Alexander J.
Probst
Interview: Daniel Wirsching
Alexander J. Probst mit Daniel Bachmann: Von der Kirche missbraucht. Riva, 207 Seiten, 19,95 Euro. Das Buch erscheint am 13. Februar.
Alexander J. Probst
Alexander J. Probst wurde 1960 in Regensburg geboren. Ihm gehört die „Hundeschule Altmühltal“im etwa 30 Kilometer von Ingolstadt entfernten Dietfurt. Aus erster Ehe hat er zwei Söhne. Probst ist Mit glied des „Aufarbeitungsgremiums“, das seit einem Jahr die Miss brauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen aufarbeitet. Es hat ein Konzept entwickelt, das unter an derem eine unabhängige Anlauf stelle für Betroffene vorsieht, die the rapeutische Hilfe leistet. (wida)