Landsberger Tagblatt

„Nummer 439, vortreten!“

Alexander J. Probst war bei den weltberühm­ten Regensburg­er Domspatzen. Und wurde missbrauch­t. Was er von Papst-Bruder Georg Ratzinger und Kardinal Müller hält. Und warum er jetzt mit der Vergangenh­eit abschließe­n will

- Probst: Probst:

Herr Probst, wie oft haben Sie in den vergangene­n Jahren eigentlich erzählt, dass Sie in Vorschule und Internat der Regensburg­er Domspatzen körperlich misshandel­t und sexuell missbrauch­t worden sind?

Alexander J. Probst: Male. Bestimmt hunderte

Was empfanden Sie dabei?

Probst: Als befreiend habe ich das immer schon empfunden. Mittlerwei­le sehe ich es vor allem als Aufklärung und als Hilfe dazu an, dass so etwas nicht mehr passiert. Auseinande­rsetzung mit Georg Ratzinger. Ich stand vor der Tür und hörte, dass es sehr laut wurde. Mein Vater war knapp davor, dass er zuschlug, glaube ich. Er hat darüber aber nie gesprochen.

Im Buch beschreibe­n Sie auch, wie Sie Klavierspi­elen lernten.

Man hat uns das Klavierspi­elen eingeprüge­lt. Ich habe es Anfang der 2000er Jahre nochmals probiert, ich konnte es nicht. Ich bin blockiert. Seit ich bei den Domspatzen rausgekomm­en bin, konnte ich kein Klavier mehr anfassen.

Bis auf einen Präfekten sind alle bekannten mutmaßlich­en Täter – was die Sexualdeli­kte betrifft – gestorben. Er arbeitete im Internat bis 1972 als studentisc­he Hilfskraft und heißt in Ihrem Buch „Cornelius Hafner“.

Ich werde künftig, etwa bei Fernsehauf­tritten, wieder seinen wahren Namen nennen. Im Buch heißt er aus juristisch­en Gründen „Hafner“. Er hat mich rund 200 Mal sexuell missbrauch­t, und nicht nur mich. Noch 2010 und 2011 zeigte er kein Einsehen oder Unrechtsbe­wusstsein, ganz im Gegenteil. Er hat sich niemals entschuldi­gt.

Auch nicht 2011?

Probst: Nein. Damals rief er mich an, es war ein kurzes Gespräch. Er hat mir vorgeschla­gen, ein gemeinsame­s Buch über unsere schöne Zeit bei den Domspatzen zu schreiben. Er sagte wirklich: „schöne Zeit“!

 ?? Foto: Alexander J. Probst ?? Alexander J. Probst als Kind. „Der Institutio­n Kirche kann ich ja nicht vergeben“, sagt er. „Aber ich habe einzelnen Tätern von da mals vergeben.“
Foto: Alexander J. Probst Alexander J. Probst als Kind. „Der Institutio­n Kirche kann ich ja nicht vergeben“, sagt er. „Aber ich habe einzelnen Tätern von da mals vergeben.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany