Ein bewusster Gang durch das Leben
Detlev Möller nimmt Abschied von der evangelischen Kirchengemeinde. Nachfolgerin kommt aus Augsburg
Wenn er eine Kanzel betritt, dann möchte er auch etwas mitteilen. Dass der bekennende Literaturfreak („Ein Buch pro Woche muss sein“) dabei die Welt nicht verändern konnte, war ihm klar, doch Gedanken, die hat er sich stets dazu gemacht. Nach etwas über 16 Jahren als evangelischer Pfarrer von Landsberg geht Detlev Möller nun in den Ruhestand – und bleibt dennoch.
„Dass ich ein normales Gemeindemitglied sein werde“, das kann sich Detlev Möller nun doch nicht vorstellen. Er hält es allerdings mit der in Kirchenkreisen üblichen Grundregel: erst einmal fernhalten. Sein Nachfolger, der tatsächlich eine Nachfolgerin ist, muss unbeeinflusst in Landsberg ankommen dürfen. „Ich muss mich in meinem neuen Lebensabschnitt auch erst einmal selbst entfalten, selber Raum gewinnen.“Dann könne er sich vorstellen, mit seiner Nachfolgerin das Gespräch zu suchen. Dabei handelt es sich laut Detlev Möller um Jutta Krimm, die derzeit in Augsburg tätig ist und nach der obligatorischen halbjährigen Vakanz am 1. September die erste Pfarrstelle der Gemeinde übernehmen wird. Bis dahin leitet Pfarrer Siegfried Martin die Geschäfte.
Als Detlev Möller vor sechzehneinhalb Jahren nach Landsberg kam, war er kein Jungspund mehr, sondern hatte als Geistlicher bereits ebenso lang in seiner oberfränkischen Heimat gewirkt. Seine Anfangszeit am Lech sieht er in der Retrospektive aber keineswegs verklärend: „Es war nicht das große Ankommen.“Dabei gibt er niemandem speziell die Schuld, doch er wusste: „Als Gemeindepfarrer können Sie nicht alle gewinnen.“Schnell lebte sich der Franke aber in der oberbayerischen Kleinstadt ein, war begeistert von dem „großartigen und inspirierenden Umfeld“. Für den schnellen Eingewöhnungsprozess kam ihm zugute, dass er bereits auf einen sehr bewussten Lebensabschnitt zurückblickte. Er habe dabei immer Stationen gehabt, er innegehalten und reflektiert habe. Wichtig sei für ihn dabei die Erkenntnis: „Wer wachsen möchte, muss in seinem Leben Brüche erfahren.“So war es für ihn stets klar, dass er nach dem Abitur erst einmal raus wollte, was für ihn eine Reise mit dem Rucksack nach Indien be- deutete. Aus dem einen wurden inzwischen mehr als fünf Dutzend Länder, darunter Australien, Afghanistan („Damals konnte man sich dort noch sicher bewegen“), der Iran unter Schah Reza Pahlavi, Afrika sowie 30 Bundesstaaten der USA. Das ließ im Laufe der Jahrwo zehnte ein Gefühl in ihm reifen: „Ich muss nichts nachholen, wenn ich einmal in Rente gehe.“Ja, er ist sich sicher, „ich habe intensiv gelebt“.
Deshalb fällt ihm der Abschied, der keiner ist – Möller hat ein Reihenhaus in der Schwaighofsiedlung erworben – auch nicht schwer. Den Zeitpunkt empfindet er jetzt „als unheimlich stimmig“. Hinter ihm liegen unter anderem die Renovierung der Christuskirche mit dem Kirchenjubiläum, all die Anforderungen, einen Kindergarten zu steuern, aber auch eine Zeit der erfolgreichen Ökumene mit den katholischen Stadtpfarreien Zu den Heiligen Engeln und Mariä Himmelfahrt und der hiesigen Islamischen Gemeinde. Mit den beiden katholischen Stadtpfarrern Reiner Hartmann und Thomas Rauch bildete er ein Trio, dass sich nicht nur gegenseitig respektierte und achtete, sondern auch bestens harmonisierte: „Wir konnten uns alles sagen.“Für ihn sei diese Phase – Rauch und Hartmann wirken nicht mehr in Landsberg – seine beste Zeit vor Ort gewesen: „Es hat einfach gepasst.“Thomas Rauch, inzwischen Dekan im Landkreis Augsburg (Bobingen) wird bei der Verabschiedung Möllers am Freitag mit dabei sein.
Was kommt aber danach? Detlev Möller hat bereits vorgesorgt. Es existiere eine „Liste, auf der interessante Dinge stehen“. Wenig überraschend dabei: „Ich werde ein Buch schreiben.“Das Thema steht noch nicht fest, aber es müsse „inhaltlich eine interessante Form haben“. An Nummer eins aber will er mehr Zeit für seine Familie aufwenden. Dann, wenn er etwas Abstand gewonnen habe, möchte er den Diakonieverein wieder voranbringen. Vor allem die Kinderbetreuung liegt dem mittlerweile vierfachen Großvater sehr am Herzen, aber auch die Beziehungspflege (Besuchsdienst) zu Senioren will er intensivieren.
Ob es noch weitere Reisen gibt, für den, der schon so viel von der Welt gesehen hat? Ein paar kleinere Ziele hat er vor seinem geistigen Auge schon noch ausgemacht. Künftig aber allesamt in der näheren Umgebung und unter jeweils thematischem Blickwinkel, wie zum Beispiel Neustadt an der Haardt, wo 1832 das Hambacher Fest stattfand.