Landsberger Tagblatt

Ein bewusster Gang durch das Leben

Detlev Möller nimmt Abschied von der evangelisc­hen Kirchengem­einde. Nachfolger­in kommt aus Augsburg

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R Landsberg Verabschie­dung am Freitag, 17. Fe bruar. Der Festgottes­dienst mit Ent pflichtung beginnt um 17 Uhr.

Wenn er eine Kanzel betritt, dann möchte er auch etwas mitteilen. Dass der bekennende Literaturf­reak („Ein Buch pro Woche muss sein“) dabei die Welt nicht verändern konnte, war ihm klar, doch Gedanken, die hat er sich stets dazu gemacht. Nach etwas über 16 Jahren als evangelisc­her Pfarrer von Landsberg geht Detlev Möller nun in den Ruhestand – und bleibt dennoch.

„Dass ich ein normales Gemeindemi­tglied sein werde“, das kann sich Detlev Möller nun doch nicht vorstellen. Er hält es allerdings mit der in Kirchenkre­isen üblichen Grundregel: erst einmal fernhalten. Sein Nachfolger, der tatsächlic­h eine Nachfolger­in ist, muss unbeeinflu­sst in Landsberg ankommen dürfen. „Ich muss mich in meinem neuen Lebensabsc­hnitt auch erst einmal selbst entfalten, selber Raum gewinnen.“Dann könne er sich vorstellen, mit seiner Nachfolger­in das Gespräch zu suchen. Dabei handelt es sich laut Detlev Möller um Jutta Krimm, die derzeit in Augsburg tätig ist und nach der obligatori­schen halbjährig­en Vakanz am 1. September die erste Pfarrstell­e der Gemeinde übernehmen wird. Bis dahin leitet Pfarrer Siegfried Martin die Geschäfte.

Als Detlev Möller vor sechzehnei­nhalb Jahren nach Landsberg kam, war er kein Jungspund mehr, sondern hatte als Geistliche­r bereits ebenso lang in seiner oberfränki­schen Heimat gewirkt. Seine Anfangszei­t am Lech sieht er in der Retrospekt­ive aber keineswegs verklärend: „Es war nicht das große Ankommen.“Dabei gibt er niemandem speziell die Schuld, doch er wusste: „Als Gemeindepf­arrer können Sie nicht alle gewinnen.“Schnell lebte sich der Franke aber in der oberbayeri­schen Kleinstadt ein, war begeistert von dem „großartige­n und inspiriere­nden Umfeld“. Für den schnellen Eingewöhnu­ngsprozess kam ihm zugute, dass er bereits auf einen sehr bewussten Lebensabsc­hnitt zurückblic­kte. Er habe dabei immer Stationen gehabt, er innegehalt­en und reflektier­t habe. Wichtig sei für ihn dabei die Erkenntnis: „Wer wachsen möchte, muss in seinem Leben Brüche erfahren.“So war es für ihn stets klar, dass er nach dem Abitur erst einmal raus wollte, was für ihn eine Reise mit dem Rucksack nach Indien be- deutete. Aus dem einen wurden inzwischen mehr als fünf Dutzend Länder, darunter Australien, Afghanista­n („Damals konnte man sich dort noch sicher bewegen“), der Iran unter Schah Reza Pahlavi, Afrika sowie 30 Bundesstaa­ten der USA. Das ließ im Laufe der Jahrwo zehnte ein Gefühl in ihm reifen: „Ich muss nichts nachholen, wenn ich einmal in Rente gehe.“Ja, er ist sich sicher, „ich habe intensiv gelebt“.

Deshalb fällt ihm der Abschied, der keiner ist – Möller hat ein Reihenhaus in der Schwaighof­siedlung erworben – auch nicht schwer. Den Zeitpunkt empfindet er jetzt „als unheimlich stimmig“. Hinter ihm liegen unter anderem die Renovierun­g der Christuski­rche mit dem Kirchenjub­iläum, all die Anforderun­gen, einen Kindergart­en zu steuern, aber auch eine Zeit der erfolgreic­hen Ökumene mit den katholisch­en Stadtpfarr­eien Zu den Heiligen Engeln und Mariä Himmelfahr­t und der hiesigen Islamische­n Gemeinde. Mit den beiden katholisch­en Stadtpfarr­ern Reiner Hartmann und Thomas Rauch bildete er ein Trio, dass sich nicht nur gegenseiti­g respektier­te und achtete, sondern auch bestens harmonisie­rte: „Wir konnten uns alles sagen.“Für ihn sei diese Phase – Rauch und Hartmann wirken nicht mehr in Landsberg – seine beste Zeit vor Ort gewesen: „Es hat einfach gepasst.“Thomas Rauch, inzwischen Dekan im Landkreis Augsburg (Bobingen) wird bei der Verabschie­dung Möllers am Freitag mit dabei sein.

Was kommt aber danach? Detlev Möller hat bereits vorgesorgt. Es existiere eine „Liste, auf der interessan­te Dinge stehen“. Wenig überrasche­nd dabei: „Ich werde ein Buch schreiben.“Das Thema steht noch nicht fest, aber es müsse „inhaltlich eine interessan­te Form haben“. An Nummer eins aber will er mehr Zeit für seine Familie aufwenden. Dann, wenn er etwas Abstand gewonnen habe, möchte er den Diakonieve­rein wieder voranbring­en. Vor allem die Kinderbetr­euung liegt dem mittlerwei­le vierfachen Großvater sehr am Herzen, aber auch die Beziehungs­pflege (Besuchsdie­nst) zu Senioren will er intensivie­ren.

Ob es noch weitere Reisen gibt, für den, der schon so viel von der Welt gesehen hat? Ein paar kleinere Ziele hat er vor seinem geistigen Auge schon noch ausgemacht. Künftig aber allesamt in der näheren Umgebung und unter jeweils thematisch­em Blickwinke­l, wie zum Beispiel Neustadt an der Haardt, wo 1832 das Hambacher Fest stattfand.

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Foto: Julian Leitenstor­fer Seine Kindergart­enkinder waren Pfarrer Detlev Möller immer sehr wichtig. Um den Landsberge­r Nachwuchs will er sich daher auch künftig im Ruhestand kümmern, etwa über die Arbeit im Diakonieve­rein.

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