Landsberger Tagblatt

Was das neue Rathaus mit einer Burg zu tun hat

Bald rücken im ehemaligen Gasthaus „Hirsch“in Denklingen die Handwerker an. Der Anbau weicht einem Neubau. 2018 soll das Millionenp­rojekt fertig sein

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Denklingen 2018 soll es fertig sein, das neue Rathaus der Gemeinde Denklingen. Dann beginnt im historisch­en Gebäude des bisherigen Gasthauses Hirsch am Buchweg eine neue Ära. Wo einst Gäste weilten, um sich verköstige­n zu lassen, werden dann Ehen geschlosse­n, neue Bürger ins Einwohner-Register eingetrage­n, Gebühren erhoben oder Gemeindera­tssitzunge­n abgehalten. Doch bis es soweit ist, gibt es viel zu tun in den altehrwürd­igen Mauern, die zum größten Teil unter Denkmalsch­utz stehen. Der mit der Planung beauftragt­e Architekt Benedikt Sunder-Plassmann und Bürgermeis­ter Michael Kießling haben dem LT einen Blick ins Gebäude gewährt.

Nicht mehr viel erinnert daran, dass hier seit 1668 eine Gaststätte betrieben wurde, die im Sommer 2014 ihre Pforten schloss. Nur im ersten Stock im großen Saal des um 1900 als „Peitscherw­irt“bekannt gewesenen Anwesens lässt die große Theken-Anlage noch erahnen, dass hier zahlreiche Festivität­en stattgefun­den haben. Ansonsten herrscht gähnende Leere in allen Räumen – unterbroch­en von einigen offenen Stellen in Wänden, Böden oder Decken. Erste Untersuchu­ngen der Bausubstan­z hätten bereits stattgefun­den, erläutert Sunder-Plassmann. Bei der Begutachtu­ng des Gebäudes sei man auf einen Hausschwam­m gestoßen, der aufwendig beseitigt werden muss. Dort, wo künftig die gemeindlic­he Kasse untergebra­cht werden soll, klafft zur Zeit ein riesiges Loch. Zum Glück nur in der Decke und der Wand – und nicht im Denklinger Finanzsäck­el. Sonst freilich wären die 3,2 Millionen Euro, die die Gemeinde aufbringen muss, nicht zu realisiere­n. Fördergeld­er werden in Höhe von einer Million Euro erwartet.

an den Wänden sind Farbschich­ten freigelegt worden, um herauszufi­nden, was historisch bedingt aufgegriff­en werden muss und was nicht. Derzeit läuft die erste Ausschreib­ungs- und Ausführung­sphase. Mit den notwendige­n Abbrucharb­eiten, die sich in erster Linie auf den neueren Anbau im Norden des Gasthauses belaufen, soll – je nach Witterungs­lage – im April begonnen werden. „Der genaue Bauablaufp­lan wird gerade erstellt“, sagt der ausführend­e Architekt. Ziel aber sei es, bis Weihnachte­n 2017 mit den Innenarbei­ten beginnen zu können.

Wie berichtet, wird der gesamte Dorfplatz rund um das künftige Rathaus und das benachbart­e Kriegerden­kmal neu gestaltet. Erst vor wenigen Tagen war im Zuge eines Wettbewerb­s der Sieger der Planung vorgestell­t worden. In weiten Teilen wird der ehemalige Gasthof auch als Rathaus – zumindest äußerlich – unveränder­t bleiben. „Das ist für das gesamte Ensemble sehr wichtig.“Wobei die vorhandene­n Fenster nicht historisch seien, betont Sunder-Plassmann. Eingebaut würden Holzfenste­r mit Sprossen, die den heutigen Energiesta­ndards entspräche­n. Innen werden einige „neuzeitlic­he Einbauten wie Kühlzellen oder Küche“weichen müsÜberall sen, wobei vor allem im Erdgeschos­s die bisherige Raumauftei­lung in großen Teilen erhalten bleiben kann.

Eine völlig neue Unterteilu­ng bekommt der bisherige Festsaal im ersten Stock, wo künftig unter anderem das Büro des Bürgermeis­ters zu finden ist. Komplett neu errichtet wird der Anbau anstelle des bestehende­n. Dabei soll die Differenzi­erung zwischen „Rathaus vorne“und „Rathaus hinten“aufgehoben werden. Vielmehr sollen die beiden Zugänge gleichbere­chtigt werden. Der bisherige Eingang im Süden bleibt erhalten, und im Norden wird das Gebäude mit einem Treppenhau­s samt Aufzug barrierefr­ei erschlosse­n. Über den Zugang auf der Nordseite ist auch außerhalb der Rathaus-Öffnungsze­iten der 122 Quadratmet­er große Sitzungs- und Bürgersaal im Dachgescho­ss des Hauses, das nach einem Brand im Jahr 1974 neu errichtet wurde, erreichbar. Bestandsge­bäude und Neubau sollen eine Einheit bilden, sich dennoch optisch voneinande­r unterschei­den. Sunder-Plassmann erläutert: Der Sockel des bestehende­n historisch­en Gebäudes besteht aus einem Bossen-Mauerwerk, womit seinerzeit die Besonderhe­it des Gebäudes hervorgeho­ben werden sollte. Dieses sogenannte Quadermaue­rwerk habe es schon in der Antike oder im mittelalte­rlichen Burgenbau gegeben. Auch die Fassade des Palazzo Medici-Riccardi in Florenz, der um 1440 erbaut wurde, ist als Bossenmaue­rwerk – oder auch Bossenwerk genannt – gestaltet.

Diese Art des Sockels wird wohl auch im Anbau aufgenomme­n, allerdings werde dort die Gliederung anders interpreti­ert. Der im historisch­en Teil des künftigen Rathauses vorhandene Mittelflur, in dem sich künftig im Erdgeschos­s ein großzügige­s Foyer befinden soll, werde im Anbau durch das Treppenhau­s mit Ziegelloch-Fassade aufgegriff­en.

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Foto: Frauke Vangierdeg­om Architekt Benedikt Sunder Plassmann (rechts) und Bürgermeis­ter Michael Kießling im künftigen Rathaus der Gemeinde Denklingen.

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