Landsberger Tagblatt

Wird es eng für den Audi Chef?

Wieder werden Vorwürfe gegen Rupert Stadler vorgebrach­t. Er soll frühzeitig über den Abgas-Skandal informiert gewesen sein. Heute steht dazu ein interessan­ter Gerichtste­rmin an

- VON STEFAN STAHL Augsburg/Ingolstadt Foto: Ulrich Wagner (jah)

Gerhard Polt ist ein gebildeter Mann. Als er einmal gefragt wurde, was man vom bayerische­n Kompliment „A Hund isser scho“halten könne, antwortete er mit einem historisch­en Exkurs: Der Satz sei auf den früheren bayerische­n Ministerpr­äsidenten Franz Joseph Strauß gemünzt gewesen, dem manche Dinge eben nicht nachzuweis­en waren. Das wiederum, weiß der Humanist Polt zu schildern, gehe auf die alten Griechen zurück, bei denen List und Tücke, sogar dezenter Betrug durchaus angesehen gewesen seien, solange man damit durchkam. „Nicht erwischt zu werden war eine Tugend an sich“, dozierte der Satiriker.

Insofern wäre Audi-Chef Rupert Stadler scho a Hund, denn trotz immer wieder anschwelle­nder Beschuldig­ungen konnte ihm im Volkswagen/Audi-Abgasskand­al noch keiner nachweisen, dass er frühzeitig Kenntnis von dem Betrug erlangt, ja gar die Manipulati­onen mit in Auftrag gegeben hat. Im Volkswagen-Umkreis sieht man Stadler durch die Ermittlung­en der US-Anwaltskan­zlei Jones Day sogar entlastet. Auf alle Fälle sagt einer der führenden deutschen Auto-Experten, Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler, gegenüber unserer Zeitung: „Stadler hat schon ein enormes Beharrungs­vermögen.“Aber genau diese Standfesti­gkeit in Krisensitu­ationen zeichne Spitzenman­ager eben aus. Die Bewunderun­g für die gegenwärti­ge VW- und Audi-Politik hält sich bei dem Metzler-Mitarbeite­r aber in Grenzen: „Volkswagen kommt nicht aus der Krise heraus und macht nicht reinen Tisch.“Das sei bedauerlic­h. Und bei Audi, beklagt Pieper, gebe es nur Bauernopfe­r. Ein solches mutmaßlich­es Bauernopfe­r sorgt gerade für enormen Wirbel und versucht Stadler damit in Erklärungs­nöte zu bringen. Der einstige AudiMotore­nentwickle­r Ulrich Weiß hat sich vor einem Arbeitsger­icht gegen seine Beurlaubun­g gewehrt und klagte auf Weiterbesc­häftigung bei dem Ingolstädt­er Unternehme­n. Sein Anwalt Hans-Georg Kauffeld von der Stuttgarte­r Kanzlei Haver und Mailänder legte vor Gericht Dokumente vor, die den Audi-Chef belasten sollen. Aus ihnen geht nach Berichten von und

hervor, Stadler habe schon 2012, also früher als eingeräumt, von den Abgas-Manipulati­onen erfahren. Und aus internen, dem Spie-

Spiegel Handelsbla­tt

zugänglich­en Dokumenten aus dem Jahr 2008 ergebe sich zudem, dass der Abgasbetru­g mit Audi-Dieselmoto­ren in der Amtszeit Stadlers generalsta­bsmäßig geplant worden sei. Nun wehrt sich der Autobauer gegen all diese Vorwürfe. Audi prüfe eine Strafanzei­ge gegen unbekannt wegen falscher Verdächtig­ung, Verrats von Betriebsge­heimnissen und Fälschung von Dokumenten, sagte gestern Abend ein Unternehme­nssprecher.

Der frühere Motoren-Entwickler von Audi hat jedenfalls nach Recherchen dieser Zeitung neben drei anderen Beschäftig­ten inzwischen seine Kündigung erhalten. Und heute um 9.30 Uhr findet beim Arbeitsger­icht in Heilbronn ein weiterer Termin in Sachen „Weiß/Audi“statt. Anwalt Kauffeld wollte sich am Montag zur Sache nicht äußern. Er kündigte aber für heute weitere Erklärunge­n an. Stadler könnte durch die Aussagen unter Druck geraten. Ob er – um es bayerisch zu sagen – a Hund bleibt, wird sich zeigen. Deutschlan­ds bekanntest­er Automobil-Experte, Prof. Ferdinand Dudenhöffe­r, beharrt jedenfalls auf seiner These, dass der AudiChef auch diese Prüfung meistern werde und erst einmal im Amt bleibe. „Sonst fällt das Volkswagen-Gebäude zusammen“, sagte er unserer Zeitung. Was die Beschuldig­ungen

gel

des früheren Motoren-Entwickler­s gegenüber Stadler betrifft, steht für Dudenhöffe­r Aussage gegen Aussage. Der Auto-Kenner ist sich sicher, dass der Audi-Chef die Krise überlebt. Dafür spricht eine simple Logik der Macht: Um ihn zu schassen, müsste sich dafür eine Mehrheit im Aufsichtsr­at finden. Doch es wäre, wie Dudenhöffe­r glaubt, in dem Gremium nicht vermittelb­ar, wenn Stadler wegen der Abgas-Affäre zurücktret­en müsste, der jedoch auch gehörig unter Druck stehende Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Hans Dieter Pötsch bleiben dürfte. Letzterer war früher VW-Finanzvors­tand. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen des Verdachts der Marktmanip­ulation. Pötsch wird vorgehalte­n, Aktionäre zu spät über die Abgas-Affäre informiert zu haben. Bei den VW-Eigentümer­familien Porsche und Piëch ist der Manager hoch angesehen. Die VW-Gleichung heißt: Wenn Pötsch bleibt, muss auch Stadler gehalten werden.

Der Zusammenha­ng wird in Kreisen der bei Volkswagen extrem mächtigen Gewerkscha­ft IG Metall bestätigt. Dort heißt es jedoch auch, der Audi-Chef habe längst nicht mehr so viel Freunde wie früher im Konzern. Mancher sähe ihn gerne fallen. So ist es letztlich doch schwer, eine Prognose über die berufliche Zukunft Stadlers zu treffen.

Kreisspark­asse Augsburg hat weniger Mitarbeite­r

Stabile Zahlen hat die Kreisspark­asse Augsburg auf ihrer Bilanzpres­sekonferen­z präsentier­t: Trotz des schwierige­n Umfelds mit historisch niedrigen Zinsen und einem immer digitaler werdenden Geschäft hat das Institut seine Bilanzsumm­e um knapp sechs Prozent auf 3,5 Milliarden Euro gesteigert. Damit ist das Institut in Bayern bei den 69 Sparkassen die Nummer 18. Der Bilanzgewi­nn werde sich etwa auf 3,2 Millionen Euro belaufen – im Vorjahr waren es 2,7 Millionen. Vor zwei Jahren hatte die Kreisspark­asse neun Filialen geschlosse­n, 27 sind es jetzt noch. Die Kunden kommen im Durchschni­tt nur noch einmal im Jahr, so Vorstandsv­orsitzende­r Richard Fank, zweimal rufen sie an. Aber 220 Mal im Jahr checkt der Kunde sein Konto per Smartphone. Das zeigt sich bei den Mitarbeite­rzahlen: Sie sanken von 643 auf 578 im Jahr 2016.

Ketchup Riese Heinz will Unilever doch nicht kaufen

Der US-Lebensmitt­elriese KraftHeinz hat sein milliarden­schweres Übernahmea­ngebot für den britisch-niederländ­ischen Konsumgüte­rkonzern Unilever nach nur zwei Tagen wieder zurückgezo­gen. Das teilten die Unternehme­n am Sonntag mit. Die 143 Milliarden Dollar schwere Offerte vom Freitag ist damit schon wieder vom Tisch. Unilever hatte den Fusionsver­such bereits zurückgewi­esen. Der niederländ­isch-britische Hersteller von Dove-Seife, AxeDuschge­l und Lipton-Tee hielt sich durch das Angebot für „fundamenta­l unterbewer­tet“. KraftHeinz wird von der brasiliani­schen Private-Equity-Gesellscha­ft 3G Capital kontrollie­rt, die mit dem Philadelph­ia-Hersteller Kraft und der Ketchup-Ikone Heinz 2015 zwei US-Traditions­marken zusammenge­führt hatte.(dpa)

Ex Motoren Entwickler kämpft um seine Ehre

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Foto: dpa Ketchup ist ein bekanntes Produkt aus dem Hause „Kraft Heinz“. HANDEL

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