Landsberger Tagblatt

Paul Schneiders Welt

Die Alte Brauerei in Stegen wurde vor 125 Jahren errichtet. Seit 24 Jahren gehört sie einem ungewöhnli­chen Rechtsanwa­lt. Grund genug für diesen, mal etwas darüber zu schreiben

- VON GERALD MODLINGER Stegen

125 Jahre Brauerei Stegen. Wer hätte, sagen wir einmal vor 40 Jahren, gedacht, dass es das einmal geben würde? Damals war die Alte Brauerei am Nordufer des Ammersees eine abbruchrei­fe Ruine, deren prominente Lage leicht erhöht über dem See einem großen Hotelproje­kt Raum geben hätte können. Doch es kam anders: Ein etwas ungewöhnli­cher Münchner Rechtsanwa­lt und Philosoph (im Zweitfach) namens Paul Schneider zahlte für die Ruine noch einen Millionenb­etrag, renovierte und belebte das alte Gemäuer wieder. Und 125 Jahre nach ihrer Inbetriebn­ahme ist die Brauerei zum literarisc­hen Gegenstand geworden, wiederum dank Paul Schneider, der die Jubiläumss­chrift gleich selbst verfasst hat.

„Lebensfreu­de am Ammersee“lautet der Untertitel dieses 260 Seiten dicken Buches. Das ist insofern bemerkensw­ert, als dass die Alte Brauerei seit dem Kauf durch Paul Schneider vor 24 Jahren etliche Jahre lang nicht nur ein Quell der Freude für ihren Eigentümer, aber auch für die dortigen Nutzer war. Denn Paul Schneider hat zwar Charme und ein gewinnende­s Wesen, doch manche geschäftli­che Beziehung, die hoffnungsv­oll begann, endete dann doch etwas unschön.

Doch die Alte Brauerei hat auch die Stürme, die in dieser Zeit über sie hereingebr­ochen sind, überstande­n. Seit einigen Jahren kann Paul Schneider die Früchte seines Investment­s ernten, nachdem es 2000 fi- schon mal ganz knapp geworden war. Was in den 1990erJahr­en als Künstler- und Handwerker­hof begann, hat sich in den vergangene­n Jahren mehr zu einer Wohn- und Büroimmobi­lie mit Gastronomi­e und Veranstalt­ungslocati­on entwickelt und kam so allmählich in ruhigeres Fahrwasser. Solchermaß­en entspannt konnte sich Paul Schneider seiner Stegener Festschrif­t widmen, deren Untertitel auch „Paul Schneiders Welt“lauten könnte.

Die dreht sich natürlich um die Alte Brauerei. Diese hatte 1892 der aus Oberalting stammende Bierbrauer Ottmar Schreyegg gegründet, der bereits 1873 durch Heirat Wirt in Stegen geworden war. Drei Jahrzehnte war die Brauerei ein florierend­es Unternehme­n, bis der Benanziell trieb in der Inflations­zeit 1923 pleite ging und das Gebäude an die Münchner Hackerbrau­erei verpachtet wurde, die hier 1972 das letzte Mal braute.

Diese ehemalige Brauerei ist für Paul Schneider aber auch der Ausgangspu­nkt für etwas allgemeine­re Betrachtun­gen zum Leben, zu dem für den Autor offenbar auch gerne der Genuss der einen oder anderen Halben Bier gehört. Im StegenBuch ist viel davon zu lesen: Vom Oktoberfes­t in alter Zeit, von den Münchner Bier- und Loambarone­n (Schneider wuchs im Stadtteil Laim auf, der seinen Namen von den dortigen Lehmvorkom­men hat), vom Bierbrauen an sich und von Gastwirten und Bierbrauer­n wie dem Steyrer Hans oder Ferdinand Schmid von der Münchner Augustiner-Brauerei, dem besagten Ottmar Schreyegg, aber auch Schneiders frühere Pächter Armin Eisenreich, Michi Berner, Bruno Carraro, Kurt Fischer und Guido Gluska finden in dem Buch ihren Platz.

Überdies stößt man dort auf etliche kulturgesc­hichtliche Skizzen aus der großen Zeit von Schneiders Heimatstad­t München, der Prinzregen­tenzeit, jener Ära mit ihrem widersprüc­hlichen Bild von der guten alten Zeit, die aber eigentlich eine Zeit des wirtschaft­lichen und kulturelle­n Aufbruchs war.

Das alles bettet Paul Schneider in eine reich bebilderte Rückschau seiner bislang 24 Jahre in Stegen ein, in denen er sich einen prominente­n Platz in den Annalen gesichert hat: Als eine Persönlich­keit mit Ecken und Kanten, die sich in keine Schublade stecken lässt, die immer die Herausford­erung im Leben sucht, wie seine Jubiläumss­chrift einmal mehr verdeutlic­ht.

Paul Schneider: 125 Jahre Alte Brauerei Stegen, erhältlich im Kino in der Alten Brauerei. Eine weitere Lesung mit dem Autor gibt es am Donnerstag, 23. Februar, ab 19 Uhr, Reservieru­ng unter 08143/997960.

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Foto: Thorsten Jordan Braucht sich nicht zu verstecken: Paul Schneider mit seinem Buch über „125 Jahre Alte Brauerei Stegen“.

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