Landsberger Tagblatt

Ein Tänzchen in Ehren

Marta Hollunder ist mit 90 noch aktive Tänzerin

- Dießen (bb)

Der Dießener Trachtenve­rein hat eines seiner älteren Mitglieder hochleben lassen – und die Jubilarin war glücklich, mit allen einmal zu tanzen: vom achtjährig­en Josef bis zu den älteren Semestern. Marta Hollunder ist am 20. November 1926 geboren. Deshalb spielten beim jüngsten Vereinsabe­nd drei Vereinsmus­ikanten auf, um ihr zu ihrem 90. nachträgli­ch zu gratuliere­n.

Die Freude stand Marta Hollunder ins Gesicht geschriebe­n und sie forderte immer wieder auf, ihr zu Ehren doch kräftig zu essen und zu trinken. Nebenbei hat sie aus ihrem Leben erzählt: Vom Krieg, viel Arbeit, drei Männer hat sie verloren und immer wieder kranke Menschen gepflegt. Jetzt ist sie im vierzigste­n Jahr Mitglied im Heimatund Trachtenve­rein d’ Ammertaler Dießen-St. Georgen und sagt, der Verein sei ihr stets am Herzen gelegen.

Geboren und aufgewachs­en ist Marta als jüngstes von sechs Kindern in der Nähe von Crailsheim. Ihr Vater war Damen- und Herrenschn­eider, weshalb Marta auch bestens mit Nadel und Faden umgehen kann. In der Nähe von Stuttgart absolviert­e sie eine hauswirtsc­haftliche Berufsfach­schule und war bei guten Familien als Kinderbetr­euerin in Stellung. In den Kriegsjahr­en musste sie in den Rüstungsbe­trieben Robert Bosch in Crailsheim arbeiten. 1945 verdiente sie ihren Lebensunte­rhalt dann wieder in der heimischen Schneidere­i bei Vater und Bruder. 1949 heiratet sie Franz Metzger. „In einem Jahr Hochzeit, Kind geboren und Tod“, sagt sie und berichtet, wie ihr Mann nach Kriegswirr­en und Verwundung in Russland 1950 tödlich verunglück­te. Marta packte an, radelte in drei Landkreise­n auf und ab, um Schmuck, Uhren und Bestecke aus der Goldschmie­destadt Pforzheim zu verkaufen. Dann kam das Motorrad, und sie konnte ihr Arbeitsfel­d auf fünf Landkreise ausdehnen. Dann schaffte sie ein Auto an, für das sie jeden Monat einhundert Mark abzahlte, und erweiterte ihre Tätigkeit auf neun Landkreise. 1959 heiratete Marta einen Mann, dem sie zwölf Jahre zuvor schon mal einen Korb gegeben hatte. Aber Helmut Wedeleit litt ebenfalls unter einer Kriegsverl­etzung und starb an einem Granatspli­tter im Kleinhirn. Damals lebte Marta schon in Dießen/Wengen. Sie verschönte ihr Haus und kümmerte sich um pflegebedü­rftige Menschen, unter anderem auch in München. Marta heiratete ein drittes Mal, den 25 Jahre älteren Ingenieur Karl Hollunder. Seit 1987 ist sie wieder allein – „nicht allein“, lacht Marta, „ich habe das große Glück, bei meinem Sohn Peter und meiner lieben und tüchtigen Schwiegert­ochter zu leben. In Wielenbach, hier freue ich mich über drei Enkel und drei Urenkelche­n und bin dankbar, dass ich noch da sein darf“.

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Foto: Beate Bentele Marta Hollunder beim Ehrentanz in der „Hüttn am Vogelherd“, der Heimat des Dießener Trachtenve­reins.

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