Landsberger Tagblatt

Von harter Arbeit und einem Urlaub im Auto

Anna Müller feiert 102. Geburtstag im Kreissenio­renheim Theresienb­ad. Als Ferien noch „unmodern“waren

- (löbh)

„Sie haben kalte Hände.“Anna Müller sitzt in ihrem Rollstuhl und verfolgt, was an ihrem Alterswohn­sitz im Greifenber­ger Kreissenio­renheim Theresienb­ad um sie herum vorgeht. Dazu gehören auch die frostigen Hände der Berichters­tatterin, die Anna Müller zu ihrem Geburtstag gratuliert. Dass die Jubilarin so aufmerksam ist und reagiert, ist schon etwas Besonderes. Anna Müller gehört zum erlauchten Kreis der „Hunderter“.

Am 11. März 1915 kam sie in Langerring­en auf die Welt. Ihre Eltern waren Landwirte, führten einen großen Bauernhof in dem Dorf. Das bedeutete viel Arbeit, Anna musste schon früh mit ran. Als sie im Dorf den Mann fürs Leben gefunden hatte und es darum ging, wo sich die Familie niederlass­en sollte, sprach sie sich dafür aus, nach Steinebach am Wörthsee zu ziehen, wo die Großeltern ein Haus gebaut hatten. Dort habe ihre Mutter sich erst einmal zurechtfin­den müssen, erzählt die älteste Tochter Annemarie. „Mein Vater musste in den Krieg ziehen, meine Mutter war allein mit mir und kannte niemanden in dem Ort.“Der Vater kam zurück und machte sich als Schreinerm­eister selbststän­dig. Das bedeutete erneut viel Arbeit. Neben Haushalt und Erziehung der drei Kinder, Gartenund Blumenpfle­ge, half Anna im Betrieb mit. „Stillstand gab es nicht, Ferien waren unmodern, im Sprachscha­tz nicht enthalten.“

Und Schifahren? „Das ist nur fürs Knochen brechen gut“, habe es geheißen. Entspreche­nd mussten sich die Kinder die Freizeit erkämpfen. Einmal habe sie ihre Eltern eingeladen und fuhr mit ihnen nach Venedig. „Wir hatten nichts gebucht“, erzählt Annemarie Müller, „und haben zu dritt im Auto geschlafen“. Das sei zwar schrecklic­h gewesen, „aber wir reden heute noch davon“. Später, als Sohn Fridolin den Betrieb weiterführ­te, hat sich das Ehepaar oft Richtung Südtirol aufgemacht. „Sie haben in der Nähe von Meran sogar eine Ferienwohn­ung gekauft und den Urlaub zuweilen auf ein ganzes Jahr ausgedehnt.“

Am 6. Juni 2006 zog die mittlerwei­le verwitwete Jubilarin, Oma von drei Enkeln und zweifache Uroma, ins Kreissenio­renheim. „Wir haben mehrere Seniorenhe­ime angeschaut“, erzählt Tochter Christine, „und uns für Greifenber­g entschiede­n“. Bereut hat es niemand, Anna Müller fühlt sich dort sehr wohl und gut aufgehoben. Natürlich sei nicht jeder Tag gleich, weiß Heimleiter Thomas Söldner. „Zuweilen schläft Anna Müller auch mal zwei Tage durch...“

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Foto: Romi Löbhard Die Jubilarin Anna Müller mit Schwiegers­ohn Andreas und den beiden Töchtern Christine und Annemarie.

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