Landsberger Tagblatt

Brexit – Trump – Wilders: Diese Kette ist gerissen Leitartike­l

Die Rechtspopu­listen entzaubern sich selbst. Geert Wilders kann die Niederländ­er nicht vom EU-Ausstieg überzeugen. Aber Frankreich bleibt spannend

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Wenn dies die Stationen für einen erfolgreic­hen Vormarsch der Rechtspopu­listen gewesen sein sollten, dann ist die Kette abgerissen: Brexit – Trump – Wilders. Nach zwei Erfolgen wurde jetzt der Islam- und EU-Feind Geert Wilders bei den Parlaments­wahlen in den Niederland­en klar geschlagen. Die Erfolgswel­le des Rechtspopu­lismus, die im vergangene­n Jahr durch Großbritan­nien und die USA schwappte, hat ihre Wucht verloren.

Die Rechtspopu­listen entzaubern sich selbst. In Großbritan­nien hatte sich im vergangene­n Sommer, angefeuert durch das Rechtsauße­nLager, eine Mehrheit für den EUAustritt ausgesproc­hen. Doch hinterher zeigte sich, dass nicht einmal die Brexit-Befürworte­r einen vernünftig­en Plan für die Zeit danach besitzen. In den USA hat sich der zum Präsidente­n gewählte Milliardär Donald Trump mit vielen seiner obskuren Projekte in den Fallstrick­en des politische­n Systems verfangen. Wer, außer seinen eingefleis­chten Anhängern, soll diese Politik noch attraktiv finden?

Die Ausstrahlu­ng von Brexit und Trump-Wahl auf andere Nationen ist weitgehend geschwunde­n. Noch vor den Niederländ­ern haben die Österreich­er den Verlockung­en des Rechtspopu­lismus widerstand­en, wenn auch nur haarscharf. Bei der Wiederholu­ng der Präsidents­chafts-Stichwahl im Dezember gewann nicht der Kandidat der einst von Jörg Haider auf Ausländerf­eindlichke­it getrimmten FPÖ, sondern Alexander Van der Bellen, ein Wirtschaft­s-Professor, der als Grünen-Politiker reüssiert hatte.

Kann damit auch für die Präsidente­nwahl in Frankreich Entwarnung gegeben werden? So einfach ist es – leider – nicht. Wie jetzt die Niederland­e gezeigt haben, kommt es auf die Stimmung im Land und die konkrete Politik der Regierung an. So konnte Wilders die traditione­ll europafreu­ndlichen Niederländ­er nicht von der Notwendigk­eit eines EU-Ausstiegs überzeugen; die Idee eines „Nexit“brachte ihm ganz offenkundi­g kaum Wähler. Alleine mit ausländer- und islamfeind­lichen Parolen ist aber auch in Holland kein Staat zu machen. Außerdem nahm der liberale Premiermin­ister Mark Rutte mit seiner entschloss­enen Art, in der er Wahlkampfa­uftritte türkischer Minister unterband, Wilders zusätzlich Wind aus den Segeln.

Das kann in Frankreich wieder ganz anders aussehen. Marine Le Pen, die den Front National von dem ultrarecht­en Mief befreit, der die Partei unter dem Vorsitz ihres Vaters noch umgab, setzt einerseits auf die nationale, anderersei­ts auf die soziale Karte. Ihr Programm heißt: raus aus EU und Euro sowie Schluss mit der Einwanderu­ng. Anderersei­ts verspricht sie wirtschaft­liche Besserung und Arbeitsplä­tze. Eine verführeri­sche Mischung, der aber ein Denkfehler zugrunde liegt. Der bürgerlich­e Kandidat, der in der Stichwahl im Mai voraussich­tlich gegen Le Pen antritt, wird darlegen müssen, dass der „Frexit“keinen Aufschwung bedeutet, sondern das Gegenteil.

Rest-Europa kann nur hoffen, dass es gelingt. Das gilt selbst für die rechtspopu­listischen und EUkritisch­en Regierunge­n in Ungarn und Polen. Diese denken im Traum nicht an Austritt, weil sie von der Gemeinscha­ft kräftig profitiere­n.

Ohne Frankreich wäre die EU in der heutigen Form am Ende. Das würde dann auch die Deutschen bei der Bundestags­wahl im September vor eine völlig neue Situation stellen. Bleibt aber alles beim Alten, wird der Wahlkampf wohl vom Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz geprägt. Die Rechtspopu­listen von der AfD, im vergangene­n Jahr noch Profiteure der Flüchtling­skrise, schrumpfen daneben immer mehr zur Randersche­inung.

Der „Frexit“wäre das Ende der EU in der heutigen Form

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