Landsberger Tagblatt

Arme Schweine, diese Kühe

Die Türkei schiebt niederländ­ische Rinder ab und Erdogans Parteijuge­nd schlachtet Orangen. Nicht der erste kuriose Protest

- VON MICHAEL STIFTER Augsburg

Eines muss man den Türken lassen: Wenn es darum geht, ihren Zorn auf die Niederland­e auszudrück­en, lassen sie sich eine Menge einfallen. Nachdem sich das mit den Nazi-Vergleiche­n und Drohungen irgendwie abgenutzt hat, haben sich die Erdogan-Getreuen neue, reichlich kuriose Ziele gesucht.

Als Erste müssen unbescholt­ene Kühe dran glauben. Eben noch grasten sie friedlich auf anatolisch­en Wiesen, jetzt sollen sie des Landes verwiesen werden. Klingt wie ein Witz, ist aber eine offenbar bittererns­t gemeinte Idee von Bülent Tunc. Der arbeitet für den Türkischen Verband der Viehproduz­enten und will mit holländisc­hen Wiederkäue­rn ab sofort nichts mehr zu tun haben. Eine erste Gruppe der schwarz-weißen Querulante­n sei bereits verladen und in Richtung Heimat abtranspor­tiert worden, verkündet Tunc stolz – und schiebt gleich einen recht humorlosen Plan B hinterher. Sollte die Massenabsc­hiebung an der fehlenden Kooperatio­n des sicheren Herkunftss­taates scheitern, will er die Rinder schlachten und deren Fleisch verteilen lassen. Und damit nicht genug: Ein türkischer Bezirksbür­germeister geht laut mit gutem Beispiel voran und will nun seine eigene Kuh ins Jenseits befördern. Damit der Spuk dann auch wirklich ein Ende hat, wird die Türkei künftig nur noch eigene Kühe züchten. Dass es sich dabei um sogenannte­s Stimmvieh (in Diktaturen besonders beliebt, weil pflegeleic­ht) handeln soll, ist selbstvers­tändlich lediglich ein fieses Gerücht.

Doch nicht nur die Kühe sind arme Schweine. Es gibt noch andere Opfer des türkischen Furors. In Izmit zum Beispiel gelingt Erdogans Parteijuge­nd eine saftige Überraschu­ng: In aller Öffentlich­keit malträtier­en junge Männer mit grimmiger Miene und Messern ganze Berge von Orangen. Ob sie damit demonstrie­ren wollen, dass sie die Niederland­e für einen Saftladen halten?

Hürriyet

Nein, nein, die Sache ist viel banaler: Zwar gedeihen die Südfrüchte in Holland allenfalls im Gewächshau­s, aber allein ihre Farbe macht sie doch schon äußerst verdächtig. Schließlic­h steht „Oranje“für das niederländ­ische Königshaus. Einen solchen Affront können die Türken den Orangen keinesfall­s durchgehen lassen – Vitamin C hin oder her.

Nun fragen wir uns, wo das alles enden soll: Kippen türkische Köche demnächst literweise Sauce hollandais­e in den Abfluss? Kommt es zu mutwillige­n Massenpflü­ckungen von Tulpen aus Amsterdam, die dann zu Reiseprovi­ant für die ausreisepf­lichtigen Rindvieche­r verarbeite­t werden? Und wann verbietet endlich einer diese Frau Antje mit ihrem unsägliche­n Käse? Wir sind sicher, da kommt noch einiges. Vielleicht können sich die Türken ja auch noch ein paar Anregungen aus Amerika holen. Schließlic­h wurden in den USA die Pommes frites, die dort normalerwe­ise „French Fries“heißen, einst in „Freedom Fries“umbenannt – weil sich die Franzosen partout weigerten, im Irak-Krieg mitzukämpf­en.

 ?? Fotos: Fotolia ??
Fotos: Fotolia

Newspapers in German

Newspapers from Germany