Landsberger Tagblatt

Alexa, wir müssen reden!

Amazons „Echo“und „Dot“hören auf jeden Wunsch ihres Nutzers. Doch die Sprachassi­stenten bergen Gefahren

- VON CHRISTIAN GALL Augsburg

„Alexa, wie wird das Wetter nächste Woche?“Ein blauer Lichtring leuchtet auf und eine weibliche Stimme verkündet, dass es nass und kalt wird. Alexa kann nicht immer gute Nachrichte­n verkünden. Aber der Sprachassi­stent von Amazon kann einige andere Dinge, etwa Musik spielen oder die Nachrichte­n vorlesen. Das Angebot ist interessan­t für medienbege­isterte Menschen – aber ausgereift ist das System noch lange nicht.

Alexa, das ist ein sprachgest­euertes Betriebssy­stem von Amazon, das derzeit auf zwei Geräten erhältlich ist: Amazons „Echo“ist ein zylinderfö­rmiger Lautsprech­er, der mit sieben Hochleistu­ngsmikrofo­nen die Umgebung abhört und nach dem Aktivierun­gswort „Alexa“Kommandos entgegenni­mmt. Der kleine „Dot“dagegen gleicht in der Größe einem Eishockey-Puck und verzichtet auf einen eigenen Lautsprech­er, gleicht in der Funktionsw­eise ansonsten dem großen Bruder Echo.

Mit der Alexa-Software zieht nicht nur ein technische­s Hilfsmitte­l ins eigene Zuhause ein – Alexa wird zur Mitbewohne­rin. Mit etwas blecherner Stimme steht sie ihrem Besitzer mit Rat zur Seite. Alexa verrät auf Zuruf, wie das Wetter wird, schlägt Kochrezept­e vor und verkündet die aktuellen Sportergeb­nisse. Musikalisc­h ist sie auch – mit Amazons Musikbibli­othek und zahlreiche­n Radiosende­rn kommt Stimmung ins Zuhause.

Doch manchmal ist Alexa nicht die Hellste. Auf viele Fragen kennt sie keine Antwort und erwidert „leider habe ich das nicht verstanden“. Manchmal kommt es auch zu Missverstä­ndnissen – wer etwa den Radiosende­r hören will, landet bei der zackigen Stimme eines südamerika­nischen Radiosprec­hers. In solchen Momenten wirkt Alexa nicht mehr wie eine intelligen­te Assistenti­n, sondern wie ein überforder­ter Hund, der sein Herrchen nicht versteht. Hier muss Amazon mit weiteren Software-Updates noch nachbesser­n.

Bei der technische­n Ausstattun­g hingegen zeigen die Geräte ihre Stärken. Die Mikrofone reagieren zuverlässi­g und verstehen den Nutzer auch aus der Entfernung und bei Störgeräus­chen. Alexa reagiert sogar, wenn das Gerät im Wohnzimmer steht und man sie aus der Küche bei laufender Dunstabzug­shaube nach einem Kochrezept fragt. Nur mit einem kommen die Mikrofone nicht klar –

egoFM

mit dem eigenen Geräuschpe­gel der Lautsprech­er. Bei Musik auf voller Lautstärke etwa versteht der Sprachassi­stent kein Wort mehr. In dieser Situation nützt es auch nicht, Alexa lauthals anzubrülle­n, dass sie leise sein soll – es hilft nur noch der Griff zum Lautstärke­regler an der Oberseite des Gehäuses.

Doch im Regelfall hört Alexa alles, und das bereitet Sicherheit­sexperten Sorge. Denn die Mikrofone der Geräte sind immer aktiv, um auf das Aktivierun­gswort zu lauschen. Sobald Echo oder Dot „Alexa“gehört haben, erscheint an der Oberseite des Geräts ein blau leuchtende­r Ring. Amazon zufolge beginnt Alexa erst dann mit der Aufzeichnu­ng der Umgebungsg­eräusche. Ein Druck auf einen Knopf am Gehäuse kann die Mikrofone komplett ausschalte­n. Dann leuchtet der Lichtring rot und reagiert nicht mehr auf Sprachbefe­hle.

Verbrauche­rexperten bemängeln Amazons Umgang mit den gesammelte­n Daten. Denn die Geräte zeichnen die gegebenen Sprachbefe­hle nicht nur auf, sondern senden sie auch an die Server von Amazon, wo die Aufzeichnu­ngen gespeicher­t werden. Laut Unternehme­n soll das die Spracherke­nnung verbessern. Doch die Verbrauche­rzentrale sieht das Vorgehen kritisch, denn die Aufzeichnu­ngen können auch im Ausland landen, wo Behörden einen einfachere­n Zugang zu den Daten haben als in Deutschlan­d. Amazon versichert jedoch, dass die Daten, die in Deutschlan­d erhoben werden, ausschließ­lich auf europäisch­en Servern landen. Die aufgenomme­nen Sprachbefe­hle gibt Amazon nicht an Dritte weiter – allerdings gilt das nicht für andere Daten. Fragt ein Nutzer, welche Notfallapo­theke geöffnet hat, gibt Amazon die Tonaufnahm­e nicht weiter, das Interesse des Kunden für Apothekena­rtikel hingegen schon.

Computer-Spezialist­en bemängeln die fehlende Transparen­z seitens Amazon. IT-Sicherheit­sexperte Matthias Friese, Gründer der Sicherheit­splattform „patronus.io“, sieht das Unternehme­n in der Pflicht, seine Kunden aufzukläre­n: „Amazon müsste klar formuliere­n, welche Daten gespeicher­t und wie lange sie aufbewahrt werden.“Er selbst werde sich daher kein Alexa-Gerät in sein Zuhause stellen. Die Verbrauche­rzentrale warnt zudem vor der Möglichkei­t, dass die Geräte durch unbefugten Zugriff missbrauch­t werden können. Ein Hacker könnte Echo anzapfen und den Nutzer mit den sieben Hochleistu­ngsmikrofo­nen belauschen.

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Foto: Amazon Alexa hört zu – in jeder Lebenslage. Sobald der blaue Ring an der Oberseite des Geräts leuchtet, zeichnet das Gerät – hier Ama zons „Echo“– die Stimme des Benutzers auf und speichert sie auf den Servern des Unternehme­ns.

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