Landsberger Tagblatt

Brockmann bleibt cool

Nach Jahren im Abstiegska­mpf steht Zweitligis­t Kaufbeuren in den Play-offs. Großen Anteil daran hat der Trainer, der sich aber von der Euphorie nicht anstecken lässt

- VON DOMINIK RIEDLE Kaufbeuren

Als der EishockeyZ­weitligist ESV Kaufbeuren im Januar als Tabellenvi­erter 18 Punkte Vorsprung auf die Play-down-Plätze hatte, träumte so mancher Fan schon von den Play-offs. Doch Trainer Andreas Brockmann ließ sich von der Euphorie im Umfeld des Vereins nicht anstecken. Wie so oft blieb der 49-Jährige völlig gelassen und prophezeit­e: „Wir wissen frühestens am 50. Spieltag, wo die Reise für uns hingeht.“Er sollte recht behalten: Das Polster der Buron Joker schmolz binnen gut drei Wochen auf sechs Punkte zusammen. Bis zum Schluss blieb es spannend.

Als sich der ESVK die Teilnahme an den Play-offs schließlic­h gesichert hatte und die Fans in Jubel ausbrachen, antwortete Brockmann auf die Frage nach seiner Gefühlslag­e trocken: „Die ist ganz normal.“Ruhig, unaufgereg­t und mit beiden Beinen auf dem Boden – so ist Andreas Brockmann.

Wer in dieser Saison nach dem Erfolgskon­zept des ESV Kaufbeuren sucht – seit der Saison 2011/12 stehen die Rot-Gelben nach harten Jahren und mehrmalige­m Zittern um den Klassenerh­alt erstmals wieder im Viertelfin­ale der Play-offs –, kommt an dem Trainer nicht vorbei. Aber auch nicht an seinem besten Freund Toni Krinner, dessen Tod nach schwerer Krebserkra­nkung Anfang März Brockmann schwer zu schaffen machte und den gesamten Verein schockte.

Im Sommer 2016 hatte Brockmann den Kaufbeurer Trainerpos­ten von seinem langjährig­en Weggefährt­en übernommen: Krinner musste sich nach einem Jagdunfall seines Vaters um die heimischen Betriebe kümmern. Zuvor hatte er die entscheide­nden Weichen für die neue Spielzeit gestellt und einen Großteil der Mannschaft umgebaut.

Mit jenem neuformier­ten Team startete Brockmann, der von 1988 bis 1997 als einer der großen Stars der Düsseldorf­er EG fünfmal deutscher Meister wurde, in die aktuelle Saison und trat mit einer klaren Spielphilo­sophie an: Seine Taktik ist laufintens­iv und eher defensiv geprägt. „Für mich fängt die Defensive schon in der Offensive an“, erklärte der Eishockeyl­ehrer im August.

Seine Handschrif­t trat in der zu Ende gegangenen Hauptrunde deutlich zutage: Kaufbeuren­s Abwehr kassierte mit 125 Gegentoren die Treffer in der Liga und gehört zu den besten Teams der DEL2, was etwa das Unterzahls­piel betrifft.

Auch von Rückschläg­en, als seine Mannschaft beispielsw­eise am 14. Spieltag Schlusslic­ht war, ließ sich Brockmann, der fast vier Jahre als Chefcoach bei den Nürnberg Ice Tigers in der DEL an der Bande stand, nie beirren. „Ich denke von Spiel zu Spiel und will jedes gewinnen. Dafür müssen wir hart arbeiten“– ein Mantra, das er während der Hauptrunde fast wöchentlic­h wiederholt­e.

In Sachen Saisonziel­e lehnte sich der 49-Jährige nie weit aus dem Fenster. Der Klassenerh­alt, also mindestens Platz zehn, war das Ziel, das Kaufbeuren bereits fünf Spieltage vor Schluss in der Tasche hatte.

Brockmann verdiente sich in Kaufbeuren den Ruf des akribische­n Arbeiters: Lange Rückfahrte­n mit dem Bus von Auswärtssp­ielen nutzt er oft, um bereits Videos mit Spielszene­n zusammenzu­schneiden und in die Analyse zu gehen.

Nach wie vor pendelt der Bad Tölzer, der Vater eines Sohnes ist und dessen Frau das zweite Kind erwartet, von seinem Heimatort nach Kaufbeuren. Dort bewohnt er an einzelnen Tagen auch ein Zimmer im Landgastho­f von ESVK-Gesellscha­fter Thomas Petrich.

Fans und Vereinsspi­tze treibt vor allem eine Frage um: Bleibt der Traizweitw­enigsten ner? Die rot-gelben Anhänger wünschen es sich. Doch wiederum lässt sich Brockmann von der Euphorie nicht anstecken. Es ist zwar bekannt, dass er sich wohl fühlt im Allgäu und stolz ist auf die Mannschaft – aber erst wenn das letzte Spiel der Saison vorbei ist, will er sich mit den Verantwort­lichen zusammense­tzen. „Das habe ich immer so gemacht“, sagt er. Auch in dieser Frage zeigt sie sich wieder: die Ruhe und die unaufgereg­te Art des Andreas Brockmann.

 ?? Foto: Mathias Wild ?? Der ESV Kaufbeuren ist eines der Überraschu­ngsteams der zweiten Liga. Das ist auch das Ergebnis der Arbeit von Trainer Andreas Brockmann, der bereits als Spieler große Erfolge feierte.
Foto: Mathias Wild Der ESV Kaufbeuren ist eines der Überraschu­ngsteams der zweiten Liga. Das ist auch das Ergebnis der Arbeit von Trainer Andreas Brockmann, der bereits als Spieler große Erfolge feierte.

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