Landsberger Tagblatt

„Der Druck ist groß“

Kinostar Matthias Schweighöf­er ist für die erste deutsche Amazon-Serie „You Are Wanted“verantwort­lich. Sie startet an diesem Freitag in mehr als 200 Ländern. Die Erwartunge­n sind riesig. Und Schweighöf­er urlaubsrei­f

-

Herr Schweighöf­er, Sie gehören zu Deutschlan­ds größten Kinostars. Wieso haben Sie jetzt eine Serie gedreht?

Matthias Schweighöf­er: Ich wollte mal wieder was Ernstes machen, wollte das aber nicht gleich im Kino auf der großen Leinwand testen. Ich habe als Regisseur noch nie für das ernsthafte Genre gearbeitet, und so konnte ich probieren, ob ich das kann. Im Kino ist es außerdem so: Wenn das erste Wochenende nicht gleich richtig funktionie­rt, muss man mit dem Film in kleinere Säle gehen, dann generiert man wiederum nicht mehr so viele Zuschauer. Da ist eine Serie schon ein entspannte­res Format.

Sie sind mit Komödien wie „Keinohrhas­en“berühmt geworden. Haben Sie Probleme damit, als „Everybody’s Darling“zu gelten?

Schweighöf­er: Nein, damit habe ich keine Probleme. Aber ich werde künftig mehr ernsthafte Sachen machen, mir fehlt das.

Welche Lieblingss­erien haben Sie? Und: Ist auch eine deutsche dabei?

Schweighöf­er: Nein, eine deutsche Lieblingss­erie habe ich nicht. Ich bin totaler „Westworld“-Fan, ich mag „Life in Pieces“, „Mr. Robot“, „Stranger Things“und „Penny Dreadful“. Auf Platz eins ist „True Detective“– aber nur die erste Staffel.

In „You Are Wanted“spielen Sie einen Hotelmanag­er, der zum Opfer eines Hackerangr­iffs wird.

Schweighöf­er: Mich hat es interessie­rt zu zeigen: Was passiert eigentlich, wenn ich einen Anhang in einer Mail öffne und gar nicht weiß, was ich da öffne? Wer kann mit meinen Daten spielen? Weiß irgendjema­nd mehr über mich als meine eigene Frau? Ich will einen Gedanken anstoßen mit dieser Serie, damit jeder Zuschauer sich fragt, ob er genau weiß, was er im Internet macht.

„You Are Wanted“wird vom Streaming-Anbieter Amazon Prime Video gezeigt. Warum nicht von einem Fernsehsen­der wie ARD, ZDF oder RTL?

Schweighöf­er: Es stand einfach nie zur Debatte, das mit einem öffentlich-rechtliche­n oder einem privaten Fernsehsen­der zu machen. Es war von Anfang an klar, dass es Amazon wird. Warner Bros. Deutschlan­d hatte die Idee zur Serie und ist dann damit an uns (Schweighöf­ers Produktion­sfirma Pantaleon, die Red.) und Amazon herangetre­ten. Und ich glaube, bei einem Streamings­ender hat man mehr Freiheiten als bei den klassische­n Anbietern. Ich hatte in der Stoffentwi­cklung unheimlich viel Freiraum.

Hatten Sie auch ähnlich viel Budget, wie man es von den großen US-Serien kennt?

Schweighöf­er: Nein, das hatten wir nicht. Vor allem bei den Drehtagen hatten wir dadurch ein hohes Pensum. Wenn ich einen Kinofilm drehe, habe ich meistens 38, 39 Tage. Für die Serie hatten wir 52 Drehtage

eine Sendedauer, die drei Filmen entspricht – das ist nicht viel.

Sie haben produziert, Regie geführt, sind der Hauptdarst­eller – ein Programm, das mörderisch klingt …

Schweighöf­er: Aber dadurch trägt die Serie meine Handschrif­t und ich konnte sie so gestalten, wie ich es wollte. Natürlich war es sehr stressig, es war mit das Anstrengen­dste, das ich je gedreht habe. Aber es war positiver Stress, es hat großen Spaß gemacht.

Ihre Serie läuft überall auf der Welt gleichzeit­ig an, macht Sie das nervös?

Schweighöf­er: Nein. Der Druck ist generell groß, aber er wird dadurch nicht größer. Wir haben die Serie

abgegeben, es ist nicht mehr zu ändern. Jetzt können sie die Zuschauer gucken oder nicht, gut finden oder nicht. Ich habe mein Bestes gegeben und finde die Serie toll, den Rest habe ich nicht mehr in der Hand.

Der Trailer zu „You Are Wanted“hat Rekorde gebrochen. Er wurde hunderttau­sendfach geklickt, oft kommentier­t – nicht nur freundlich allerdings.

Schweighöf­er: Viele gehen da mit Vorurteile­n ran und bewerten irgendwas, was sie nicht bis zum Ende geguckt haben. Das ist schade und traurig, weil diese Leute eben nicht dastehen und drei Jahre für etwas gearbeitet haben wie ich an der Serie. Sondern sie schreiben schnell was runter und sind sich ihrer mefür

dialen Aufmerksam­keit gar nicht bewusst. Ich kann’s echt nicht mehr hören.

Sie treten derzeit auch noch als Musiker auf. Was planen Sie als Nächstes?

Schweighöf­er: So ganz weiß ich es noch nicht. Ich nehme mir jetzt, nachdem die Serie gestartet ist, mal ein bisschen Zeit, um mich zu sortieren und zu gucken, was ich wirklich machen will.

Entertaine­r Stefan Raab wusste schon früh, dass er mit 50 Jahren nicht mehr vor der Kamera stehen will.

Schweighöf­er: Meine Produktion­sfirma hat ja eine Strategie, und die war: Ich baue sie auf, damit sie irgendwann auch mal alleine laufen

kann und ich Zeit habe, zu entwickeln, zu schreiben oder mir Gedanken zu machen, was ich wirklich tun will. An diesem Punkt sind wir jetzt. Ich ziehe mich etwas raus, werde Urlaub machen, zwischendr­in ein bisschen was entwickeln, mir die Welt angucken, das ein oder andere Konzert spielen. Mal gucken, wo es 2018 und 2019 hingeht.

Ihre Eltern sind ja ebenfalls Schauspiel­er. Sind sie stolz auf Sie?

Schweighöf­er: Ja, meine Eltern sind stolz auf mich. Wie sich das alles entwickelt hat, liegt ein wenig außerhalb ihrer Reichweite. Sie sitzen manchmal da und denken: Was passiert hier eigentlich?

Interview: Cornelia Wystrichow­ski

 ?? Foto: Stephan Rabold/Amazon Original ?? In dem Thriller „You Are Wanted“ändert sich das Leben von Lukas Franke (Matthias Schweighöf­er) massiv, nachdem er zum Opfer eines Hackers geworden ist. Amazon spricht vom „größten deutschen Serienstar­t aller Zeiten“.
Foto: Stephan Rabold/Amazon Original In dem Thriller „You Are Wanted“ändert sich das Leben von Lukas Franke (Matthias Schweighöf­er) massiv, nachdem er zum Opfer eines Hackers geworden ist. Amazon spricht vom „größten deutschen Serienstar­t aller Zeiten“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany