Die Stadt sieht sich nicht betrogen
Hat die „Frau und Beruf GmbH“Fördermittel falsch verwendet? Oberbürgermeister und Rechnungsprüfer sagen Nein. Der Stadtrat genehmigt daher nachträglich eine Zuschusserhöhung
Die Stadt Landsberg wird sich der Strafanzeige gegen das Kinderbüro wegen des Verdachts der Untreue nicht anschließen. Das gaben jetzt Oberbürgermeister Mathias Neuner und der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Stefan Meiser, in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Der Betreuungseinrichtung wird vom Landkreis Landsberg vorgeworfen, Fördermittel der Stadt nicht zweckgebunden verwendet zu haben.
Dabei handelt es sich laut Landratsamt um den Abrechnungszeitraum 2009 bis 2013. In dieser Zeit soll die „Frau und Beruf GmbH“, die das Kinderbüro in Landsberg betreibt, Elternbeiträge nicht zweckgebunden eingesetzt haben. Dies, so bekräftigt das Landratsamt auf Nachfrage des habe die GmbH schon vor Erstattung der Anzeige schriftlich eingeräumt. Die Stadt sollte sich nun der Anzeige anschließen, da es sich hauptsächlich um Mittel der Stadt gehandelt haben soll vom 22.12.2016 „Peanuts oder Subventionsbetrug?“).
„Das werden wir nicht tun“, gab nun OB Mathias Neuner gegenüber der Presse bekannt. Stefan Meiser
LT,
erklärt, warum nicht: „Die Beitragsberechnungen von 2009 bis zum 31. Dezember 2012 sind nicht zu beanstanden.“Fraglich sei also lediglich ein Zeitraum von acht Monaten bis zum August 2013 gewesen, danach hatte die Stadt die Förderung ohnehin eingestellt. Für die ganztägige Betreuung (sieben bis acht Stunden) rechnete das Kinderbüro korrekt einen monatlichen Elternbeitrag von 400 Euro ab. Die Stadt bezuschusste „ihre“Kinder damals in Höhe von 20 Prozent. Eltern mussten also nur 320 Euro monatlich bezahlen, die Stadt steuerte pro Kind 80 Euro bei.
Im Dezember 2012 habe es aber eine überraschende Gesetzesänderung gegeben, die unter anderem eine Deckelung der Elternbeiträge bei 300 Euro vorsah. Stefan Meiser: „Eigentlich ein Unding mitten im Kindergartenjahr.“Plötzlich entstand eine Beitragslücke in Höhe von rund 100 Euro, einem Viertel. Das Kinderbüro reagierte, kalkulierte neu, senkte die Elternbeiträge auf die maximal möglichen 300 Euro und stellte der Stadt einen Betrag von 75 Euro pro Kind und Monat in Rechnung, der aber nur 60 Euro hätte betragen dürfen (20 Prozent von 300 Euro). Die zu den ursprünglich kalkulierten 400 Euro Monatsbeitrag fehlenden 25 Euro trug das Kinderbüro offenbar selbst.
Ob nun auch die Elternbeiträge noch deutlicher hätten gesenkt werden müssen, sei zweifelhaft. Das Vorgehen, so Neuner, sei sicher nicht ganz korrekt verlaufen. Stefan Meiser: „Die Stadt wurde aber vom Kinderbüro am 15. Januar 2013 über die neue Gebührenkalkulation schriftlich informiert.“Das Landratsamt wies das Kinderbüro übrigens erst im Mai auf die Gesetzesänderung hin und bat, „die Gebührensatzung anzupassen“.“Eine Satzung, die es außerdem gar nicht gab und auch vom Kinderbüro offenbar gar nicht aufgestellt werden konnte.
Nun wäre der Zeitpunkt gewesen, zu dem der zuständige städti- sche Sachbearbeiter den Vorgang zur Beratung in den Stadtrat hätte geben können, meint Meiser, OB Neuner pflichtet ihm bei. Was dieser damals aber nicht tat. „Vermutlich hätten wir die Anpassung genehmigt“, mutmaßt Neuner. Schließlich habe es sich um einen überschaubaren Zeitraum von acht Monaten gehandelt und eine Summe von letztlich 2800 Euro. „Außerdem, was wäre die Alternative gewesen?“fragt er. Zu dem Zeitpunkt betreute das Kinderbüro rund 100 Kinder, davon 48 städtische. Hätte die Einrichtung nach der Gesetzesänderung schließen müssen, wären die Kinder von heute auf morgen ohne Betreuung durch Tagesmütter dagestanden. „Das wäre nicht zu vertreten gewesen“, sagt Meiser.
Genau das diskutierte nun auch der Stadtrat vergangene Woche in nichtöffentlicher Sitzung. „Wie wären wir wohl unter Abwägung aller vorliegender Erkenntnisse mit der Situation umgegangen?“, war die Frage. Es war wohl die Verhältnismäßigkeit, die eine große Rolle spielte. Der für die Stadt entstandene Schaden war mit knapp 2800 Euro denkbar gering. Nach intensiver Beratung war man sich einig, dass man rückwirkend zum Januar 2013 einen entsprechenden Beschluss fasst, der vorsieht, die Förderung aufzuheben, die Summe als städtischen Zuschuss zu deklarieren, und zwar in der Höhe, die diese erwähnten 2800 Euro einschließe. „Damit wäre die Sache rechtlich geheilt“, hofft Mathias Neuner. Betrugsmerkmale erkennen Stadt und Stadträte jedenfalls keine.
Die Angelegenheit liegt laut Anna Diem von der Pressestelle des Landratsamts nach wie vor bei der Staatsanwaltschaft. Die entscheide, „ob und gegebenenfalls wann Anklage erhoben werden soll.“Der Landkreis hat inzwischen seit Januar dieses Jahres die Aufgaben der „Frau und Beruf GmbH“übernommen, da „kein freier Träger dafür gefunden werden konnte.“