Die Angst vor Putin schwindet
Russlands Präsident Wladimir Putin ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Proteste gegen sein Regime kleinzuhalten. Dafür sorgten repressive Gesetze, die nach der Wiederwahl 2012 eingeführt wurden, ebenso wie die Welle des Nationalismus, die der Kremlchef mit der Annexion der Krim 2014 auslöste. Die dadurch verursachten Wirtschaftssanktionen und der niedrige Ölpreis verschlechterten seither aber nachhaltig die ökonomische Lage, sodass viele Russen damit beschäftigt sind, sich im Alltag durchzuschlagen. Auch dies hat die Bereitschaft zum politischen Protest nicht gerade steigen lassen.
Doch jetzt scheint der Überdruss am Putin’schen System eine kritische Größe zu erreichen. Vor allem bei der Jugend. Sie ist immer weniger bereit, die Repressionen und die gleichzeitige Reformunfähigkeit zu ertragen. Wenn sich dann offenbar auch noch die Regierenden ungeniert bereichern, wächst die Wut. Die Massenproteste vom Sonntag sind Ausdruck eines neuen bürgerschaftlichen Selbstbewusstseins in Russland.
Ob die Opposition mit Nawalny bereits den bestmöglichen Gegenkandidaten für Putin gefunden hat, muss indes bezweifelt werden. Dieser hat sich zwar durch seine kritischen Recherchen Verdienste erworben, er fällt aber immer wieder durch ultranationalistische Thesen unangenehm auf. Die Präsidentenwahl 2018 dürfte auf jeden Fall spannend werden. Sprecher der Opposition, am Stadtrand und seien daher nicht akzeptabel gewesen.
Auffallend viele junge Leute nahmen nach Berichten der Nachrichtenagenturen und am Sonntag an den Demonstrationen teil. „Wir sind frustriert, dass sich in Russland nichts ändert“, sagte die 24-jährige Studentin Anastassija in Moskau. „Natürlich wird der Protest die Machthaber nicht stürzen, aber wir wollen ein Zeichen setzen.“Eine Festnahme nehme sie in Kauf. Der 26-jährige Fabrikarbeiter Nikolaj Mojsey sagte: „Wir haben das Video alle gesehen. Sie stehlen und sie lügen, aber die Leute bleiben immer weiter geduldig.“Die jetzige Protestbewegung sei „ein erster Anlauf zum Handeln“. Viele Demonstranten riefen „Russland ohne Putin!“und „Russland wird frei sein!“
In der internationalen Politik entbrannte ein Streit um die Behandlung der Demonstranten in Moskau. Viele westliche Politiker verlangten die sofortige Freilassung der Festgenommenen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow entgegnete, der Westen messe mit zweierlei Maß. Gegen die „Unterdrückung von Protesten“in Österreich, Deutschland und den Niederlanden habe „niemand“protestiert. Offenbar spielte er auf die Absage türkischer Wahlkampfauftritte an.
dpa afp Londoner Attentäter hatte keine Verbindung zu IS
Die Londoner Polizei sieht keinen Beweis für eine Verbindung des Attentäters von vergangener Woche mit Dschihadistengruppen. Es sei kein Nachweis für eine Verbindung zum „Islamischen Staat“(IS) oder zu Al-Kaida gefunden worden, erklärte Scotland Yard am Montag. Es gebe auch keinen Beleg dafür, dass sich der mutmaßliche Islamist Khalid Masood im Gefängnis radikalisiert habe. Masood habe aber eindeutig ein „Interesse am Dschihad“gehabt. Masood hatte am Mittwoch in London mit seinem Auto Fußgänger angefahren und einen Polizisten erstochen, bevor er selbst von der Polizei erschossen wurde. Der IS hatte den Anschlag für sich beansprucht.
Anklage fordert nochmals lebenslang für „Carlos“
Im Pariser Prozess um einen Anschlag vor mehr als 42 Jahren hat die Anklagebehörde eine weitere lebenslange Haftstrafe für den früheren Top-Terroristen „Carlos“gefordert. Er sei überzeugt, dass der Venezolaner Ilich Ramírez Sánchez die Handgranaten-Attacke in einer Einkaufsgalerie in Paris begangen habe, sagte Staatsanwalt Rémi Crosson du Cormier. Damals starben zwei Menschen, mehrere dutzend wurden verletzt. Das Urteil wird am Dienstag erwartet. Französische Gerichte hatten „Carlos“wegen mehrerer anderer Anschläge und Morde schon zweimal zu lebenslanger Haft verurteilt.