Wenig Touristen – viel Polizei
Der Bürgermeister von Krün erzählt vom G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Was von der Konferenz zurückblieb
Was bleibt, wenn ein USamerikanischer Präsident, zum ersten Mal auf dem Rathausplatz in Krün im Landkreis Garmisch-Partenkirchen sitzend, eine Weißwurst probiert und ihm die deutsche Bundeskanzlerin dabei hilfreich zur Seite steht? Wie wird die Frage nach dem Sinn und der Relation zwischen Vorbereitungsaufwand und Zukunftsnutzen in der oberbayerischen Gemeinde, knapp zwei Jahre nach dem G7-Gipfel, heute beantwortet? Thomas Schwarzenberger, Bürgermeister in Krün und Cousin des Landsberger OB, Mathias Neuner, beantwortete die Frage beim Frühjahrsempfang der Landsberger CSU am Sonntag ebenso kurz wie aufrichtig: „Es hat uns im Ort allen was gebracht, vor allem in unseren Herzen.“
In erfrischender Manier und kurzweilig, als habe der Gipfel erst jetzt stattgefunden, und wie es wohl nur ein gebürtiger und bekennender Oberbayer tun kann („Ich bin zweisprachig – bayrisch und deutsch“), berichtete er von dem internationalen Wirtschaftsspektakel, das 2015 auf Schloss Elmau in der Gemeinde Krün über die Bühne gegangen ist. „Darum bewirbt man sich nicht, das kommt einfach zu einem“, erinnert er sich an die Ausgangslage. Im Januar 2014, also knapp eineinhalb Jahre vor dem Gipfel, habe Angela Merkel den Austragungsort festgelegt und damit „die Krünner Welt verändert“.
Zunächst durfte ja nicht jeder über alles Bescheid wissen, was die Planungen für das kleine Team der Gemeindeverwaltung – vier Vollzeitund eine Teilzeitkraft – doch insgesamt sehr kräfteraubend gestaltete. Plötzlich hatte sich die Gemeinde mit Baumaßnahmen auseinanderzusetzen, die sowohl von der Anzahl wie auch von der Bausumme deutlich vom bisher Gewohnten unterschieden. Das sei eine Riesenherausforderung gewesen, doch eines überraschte den erfahrenen Kommunalpolitiker doch. Alle Behörden arbeiteten sehr lösungsorientiert, vieles habe plötzlich entgegen jeder bis dato gemachten Erfahrung funktioniert. Das sei heute längst wieder anders: „Jetzt ist alles wieder normal, es wird wieder eher problemorientiert gearbeitet.“
Dann kam irgendwann die Information, dass ein Zusammentreffen der deutschen Bundeskanzlerin mit dem US-Präsidenten Barack Obama auf dem Krünner Rathausplatz mit Weißwurstfrühstück und Weißbier gewünscht werde. Es musste also geplant werden, aber unter strengster Geheimhaltung – endgültig bestätigt wurde der Termin erst vier Tage, bevor er stattfand. Thomas Schwarzenberger: „Wenn aber zehn Amis in dunklen Anzügen und dunklen Sonnenbrillen durch den Ort bei uns laufen, dann ist das mit dem Geheimhalten gar nicht so einfach.“
Letztlich habe alles geklappt, die Auswahl der Bürger, die auf dem Rathausplatz mit dabei sein durften, wurde den beiden Vorsitzenden des Trachtenvereins übertragen: „Die kennen die meisten im Ort.“Angela Merkel und Barack Obama („Er ist eine fesselnde Persönlichkeit, wenn er so auf einen zukommt“) zeigten sich – oft sehr zum Verdruss der Leibwächter – sehr volksnah, wenngleich der US-Präsident zwar dem alkoholfreien Weißbier zusprach, die ihm vorgesetzte Weißwurst aber „eher sezierte“und es bei einem Bissen beließ.
Geschichten dieser Art könnte Schwarzenberger vermutlich stundenlang erzählen, die Antwort auf die Frage, was der Gipfel für die 1900-Seelen-Gemeinde gebracht habe, zählt er auf: Infrastrukturellen Errungenschaften, die in Rekordzeit umgesetzt wurden. „Der Bahnhof, in der vorletzten Dringlichkeitskategorie eingestuft, war plötzlich in einem halben Jahr tipptopp“, im Zusammenhang mit dem Gipfel flossen rund acht Millionen Euro in den Ort, für die Gesamtregion waren es 15 bis 20 Millionen Euro.
Während der Veranstaltung („Es war der friedlichste Gipfel aller Zeiten“) war das Touristenaufkommen zwar zurückgegangen, was aber nicht an den eingesetzten 18270 Polizisten gelegen habe („Wenig Touristen – viele Polizisten, es war aber keiner zuviel“). Es habe einfach vieles zusammengepasst, das Wetter, die doch insgesamt friedfertigen Demonstranten, das gute Verhältnis der Bevölkerung zu Ordnungsund Sicherheitskräften. „Das ist es, worüber wir noch lange sprechen werden.“