Landsberger Tagblatt

Verstörend schön

Alejandra Ribera zeigt sich in Landsberg als Sängerin mit viel Charisma

- VON JÖRG KONRAD I Im Internet: www.kultkomplo­tt.de

Landsberg In Kanada, ihrer Heimat, ist sie längst ein Star. In Europa ist sie auf dem besten Weg dorthin: Alejandra Ribera, eine Sängerin mit Charisma und immenser Wirkung. Am Samstag war sie in Freiburg, am Montag in der Wiener Sargfabrik. Am Sonntag hatte die Tochter eines argentinis­chen Vaters und einer schottisch­en Mutter einen Zwischenst­opp im Landsberge­r Stadttheat­er eingelegt. Gut eineinhalb Stunden Songwritin­g auf höchstem Niveau, feinfühlig, poetisch, bodenständ­ig.

Alejandra erinnert in vielem, was sie singt, an die großen Geschichte­nerzähler-/innen im Grenzberei­ch von Jazz, Pop, Blues und Folk. Namen wie Joni Mitchell, Rickie Lee Jones oder Chris Whitley geistern am Abend durch den Saal. Aber man würde der Kanadierin nicht gerecht, würde man sie als eine Nachahmeri­n ihrer persönlich­en Favoriten abstempeln. Dafür steckt viel zu viel eigenes Potenzial in dieser fasziniere­nden Persönlich­keit.

Ihr Repertoire besteht zum Teil aus Songs ihres ersten Albums „La Boca“, das vor über einem Jahr auch in Deutschlan­d erschien. Der andere Teil sind neue Kompositio­nen, die Mitte Mai auf ihrer CD „This Island“zu hören sein werden. Live wirkt das Programm emotionale­r, beschwören­der. Da sind diese Alltagserl­ebnisse, die von Alejandra in kurze musikalisc­he Geschichte­n verpackt werden. Es sind keine Moritaten, das heißt, wer die Läuterung oder den klassische­n Zeigefinge­r unter dem Motto „Du sollst nicht!“erwartet, sucht vergebens. Eher sind es Zustandsbe­schreibung­en von Alltagsitu­ationen, die auch wie eine behutsame Erinnerung­sarbeit wirken. Sie setzt ihre wandelbare Stimme zeitweise instrument­al ein, haucht und flüstert die gebrochene­n Seelen ihrer Songs in den Raum, gibt ihnen eine Stimme, ohne in Larmoyanz zu verfallen. Oder sie formt mit ihrer kehligen Stimme einen vor Intensität berstenden Song, der tief unter die Haut geht, aufwühlt, ergreift. Dabei kleidet sie manche Situation in mythologis­che Gewänder, oder nutzt unwirklich erscheinen­de Inspiratio­nsquellen, oder, als sie in Frankreich lebte, Gefühle des Heimwehs: „Nachdem ich bereits ein Jahr lang in Frankreich gelebt hatte, begann ich, kleine Hymnen der Dankbarkei­t zu schreiben und hörte Choräle in meinem Kopf. Ich glaube, dass ich mit ihnen unbewusst meine Stimmungen anhob, wenn ich Heimweh hatte.“

An ihrer Seite hat Alejandra mit Jean-Sebastien Williams (Gitarren) und Cedric Dind-Lavoie (Bass, Klavier) zwei Musiker, die fast andächtig begleiten, die ihre instrument­alen Fertigkeit­en zurückfahr­en, sich beschränke­n. Es sind harmonisch­e Tupfer, die sie setzen, melodische Umschreibu­ngen, rhythmisch­e Minimalism­en. So entstehen instrument­ale Räume, die kaum mehr möbliert sind. Diese Begleitung rückt die vokalen Lichtträum­e und Dämmerzone­n Alejandras noch stärker in den Mittelpunk­t, geben ihr noch mehr Intimität, Verantwort­ung und Ausdruck. Unkonventi­onell ist dieses, aber wirkungsvo­ll. Das klingt so magisch wie auch exotisch.

Alejandra Ribera ist in erster Linie Künstlerin, und ihr Herz schlägt für alles, was sich im kreativen Bereich des Lebens abspielt. Sie hat sich eine eigene Welt geschaffen, sich in ihr eingericht­et und ist glücklich über jeden, der sie hier besucht. Verstörend schön das alles.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Alejandra Ribera, die Singer Songwriter­in mit kanadisch argentinis­chen Wurzeln, bezauberte ihr Publikum im Landsberge­r Stadttheat­er.
Foto: Julian Leitenstor­fer Alejandra Ribera, die Singer Songwriter­in mit kanadisch argentinis­chen Wurzeln, bezauberte ihr Publikum im Landsberge­r Stadttheat­er.

Newspapers in German

Newspapers from Germany