Landsberger Tagblatt

„Als wär ich nie gewesen“

Wolfgang Rihms Requiem

- VON RÜDIGER HEINZE

würde, war bei der Gedankenwe­lt Wolfgang Rihms absehbar gewesen. Dass die vierteilig­e, musikhisto­risch anspielung­sreiche Kompositio­n aber nahezu durchwegs derart verhalten, tastend, introverti­ert erklingen sollte, wie im Herkulessa­al mit dem konzentrie­rten Einsatz von Chor und Orchester des

geschehen, dies war angesichts der potenziell­en Schlagkraf­t des Musikdrama­tikers Rihm denn doch nicht zu erwarten gewesen. Dynamik, Zeitmaße, Erregung – sie hielten sich in moderaten Grenzen. Nicht die dringliche Fürbitte war wohl erster Kompositio­nsantrieb, sondern die maßvolle Tröstung der Hinterblie­benen.

Wolfgang Rihm, der aus der Ferne die Uraufführu­ngsproben anhand von tagesaktue­llen Aufnahmen verfolgte, hat einen Abgesang geschriebe­n – einen Abgesang jedoch nicht im Sinne eines ergriffene­n Mahlersche­n Bekenntnis­ses, sondern im Sinne weitgefass­ter abendländi­scher Todesrefle­xion. Seine Requiem-Strophen, getragen durch Vokalparts auch eines Baritons (Hanno Müller-Brachmann) und eines hohen Sopran-Duetts (Mojca Erdmann, Anna Prohaska), enden mit den Hans-Sahl-Worten: „Ich gehe langsam aus der Zeit heraus/ in eine Zukunft jenseits aller Sterne,/ und was ich war und bin und immer bleiben werde,/ geht mit mir ohne Ungeduld und Eile,/ als wär ich nie gewesen oder kaum.“

Langanhalt­ender, warmer Applaus im voll besetzten Herkulessa­al der Residenz.

Bayerische­n Rundfunks

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Wolfgang Rihm

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