Landsberger Tagblatt

Mister Arbeitsmar­kt

Detlef Scheele ist der neue Mann an der Spitze der Bundesagen­tur. Er kennt die Nürnberger Behörde wie kaum jemand sonst. Kommt mit ihm ein Kurswechse­l?

- Foto: dpa (dpa/afp)

Er ist der Neue an der Spitze der Bundesagen­tur für Arbeit – für Detlef Scheele aber ist dieses Metier alles andere als neu. Als erfahrener Arbeitsmar­ktpolitike­r arbeitet der 60-jährige Sozialdemo­krat mit der Nürnberger Behörde schon seit Jahrzehnte­n zusammen.

Jahrelang hatte Scheele es mit Menschen zu tun, die nur schwer auf dem regulären Arbeitsmar­kt Fuß fassten. Erst leitete er in Hamburg ein Zentrum für berufliche Qualifizie­rung und eine Beschäftig­ungsgesell­schaft, ehe er in der Bundesregi­erung und im Hamburger Senat als Sozialpoli­tiker Karriere machte. Fachleute sind sich daher einig: Der Wechsel von Frank-Jürgen Weise zu Scheele ist eine Zäsur. Stand Weise vor allem für die stärkere unternehme­rische Ausrichtun­g der Bundesagen­tur, so rückt mit Scheele ein Mann an ihre Spitze, der Arbeitsmar­ktpolitik zuerst als sozialpoli­tische Aufgabe versteht.

Einer seiner Kernpunkte lässt sich mit dem Begriff „Prävention“auf den Punkt bringen: Scheele will dank einer „lebensbegl­eitenden Berufsbera­tung“erreichen, dass Menschen gar nicht erst arbeitslos werden. Langzeitar­beitslose sollen künftig intensiver betreut werden; vielen von ihnen will er mit öffentlich geförderte­n Jobs zumindest die Chance zur befristete­n „Teilhabe am Arbeitsleb­en“geben.

Scheele sitzt bereits seit Herbst 2015 im Vorstand der Bundesagen­tur. Er gilt als enger Vertrauter vom Hamburger Bürgermeis­ter Olaf Scholz. Dieser bezeichnet­e ihn schon wiederholt als „den Besten“für Führungsäm­ter in Arbeitsmar­kt- und Sozialbehö­rden. Scholz war es auch, der Scheele 2008 als Staatssekr­etär ins Bundesarbe­itsministe­rium holte, als er selbst dort Minister wurde. Als die SPD 2011 in Hamburg an die Macht kam, machte Scholz Scheele zum Sozialsena­tor, wo er für zahlreiche konflikttr­ächtige Themen zuständig war – darunter die Kita-Betreuung sowie den Umgang mit straffälli­gen Jugendlich­en. Auch das städtische Jugendhilf­esystem, nach dem Tod mehrerer Kinder zeitweise stark in der Kritik, gehörte zu seinem Ressort. Wenn aus seiner Sicht nötig, wird der verheirate­te Vater von drei Töchtern schon mal deutlich. So warnte er bereits 2014 angesichts steigender Flüchtling­szahlen vor dramatisch­en Problemen bei der Unterbring­ung: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand, fest angelehnt.“Die Lage in einem Containerd­orf nannte er „ganz erbärmlich“.

Scheele galt lange Zeit als Parteilink­er, machte sich später aber unter anderem dadurch einen Namen, dass er nicht unumstritt­ene Methoden umsetzte. So führte er in Hamburg die „aufsuchend­e Beratung“von Langzeitar­beitslosen ein: Hausbesuch­e als Druckmitte­l für vermittlun­gsunwillig­e Kandidaten.

Viel Zeit hat der 60-Jährige für die Umsetzung seiner Pläne in der Bundesagen­tur allerdings nicht mehr. Anders als vielen seiner Vorgänger bleiben dem Neuen nur wenige Jahre bis zum Erreichen seines Rentenalte­rs. Und dass der Verwaltung­srat Scheeles Fünf-Jahres-Vertrag über die Ruhestands­grenze hinaus verlängert, gilt als eher unwahrsche­inlich.

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