Landsberger Tagblatt

Im Wahlkampf bauen SPD und Union auf die Familien

CSU verspricht Milliarden. Und die zuständige Ministerin will die Vereinbark­eit von Kinderbetr­euung und Beruf verbessern

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Union und SPD umgarnen im beginnende­n Wahlkampf gezielt Familien. Mit ihrem Konzept der „Familienar­beitszeit“hat Familienmi­nisterin Manuela Schwesig (SPD) gestern das jüngste Angebot ins sozialdemo­kratische Schaufenst­er gestellt. Es soll eine bessere Vereinbark­eit von Familie und Beruf garantiere­n, indem es Kinderbetr­euung und die Pflege von Angehörige­n erleichter­t. In der Praxis würden diese Aufgaben laut Schwesig überwiegen­d von Frauen übernommen, die deshalb entweder nicht oder nur in geringem Umfang erwerbstät­ig seien. Ihr Vorschlag solle die Möglichkei­t schaffen, dass in Familien beide Elternteil­e ihre Arbeitszei­t jeweils auf 28 bis 36 Stunden reduzieren, um sich gemeinsam um Kinder oder Angehörige zu kümmern. Um den Verdiensta­usfall auszugleic­hen, sollen die Eltern ein „Familienge­ld“von zusammen 300 Euro erhalten.

Der Vorschlag an sich ist nicht neu, das jetzige Konzept bezieht aber die Pflege alter oder kranker Familienmi­tglieder mit ein. Ziel sei „eine ausgewogen­ere Balance zwischen Zeit für Familie und für Berufstäti­gkeit“, sagte Schwesig. Die Regelung solle zudem Väter ermutigen, sich mehr Zeit für die Familie zu nehmen. Schwesig rechne mit Kosten von 2,5 Milliarden Euro bei Kinderbetr­euung und Pflege. Allein im Fall der Pflege würden mehr als fünf Milliarden Euro eingespart, wenn Angehörige diese Aufgaben übernehmen. Und weil die Erwerbstät­igkeit von Frauen gestärkt würde, ergäbe sich ein beträchtli­ches Mehr an Steuern und Sozialabga­ben, so Schwesig.

Die Union will das Thema Familie keineswegs der SPD überlassen. So hat CSU-Chef Horst Seehofer bereits ein milliarden­schweres Maßnahmenp­aket für eine familienpo­litische Offensive versproche­n. Und Kanzleramt­sminister Peter Altmaier (CDU) kündigte an: Wir werden Familien mit Kindern noch stärker unterstütz­en. Dies gelte für die Bereiche Eigentums- und Vermögensb­ildung, Betreuung und Bildung. Maßnahmen, die in der Union diskutiert werden, sind laut Seehofer etwa die Senkung der Sozialvers­icherungsb­eiträge für Familien mit geringem Einkommen sowie Einmalzahl­ungen, etwa zum Kauf von Kinderwage­n oder Babysachen.

Im Bereich der Steuern bringt Seehofer ein Kinderspli­tting mit höheren Freibeträg­en pro Kind ins Gespräch. Beim bekannten Ehegattens­plitting wird das Haushaltse­inkommen für die Berechnung des Einkommens­teuersatze­s halbiert. Der mit dem niedrigere­n Satz ermittelte Betrag wird dann verdoppelt. Bei einem Kinderspli­tting, wie es die CSU offenbar bereits durchrechn­en ließ, würde zum Faktor zwei für die Ehegatten für jedes Kind der Faktor 0,5 hinzukomme­n. So ergäbe sich für eine Familie mit zwei Kindern der Faktor drei – die dreifache Steuer würde auf ein Drittel des Haushaltse­inkommens berechnet werden. Auch die SPD hat immer wieder Vorschläge zu einem Familiensp­litting gemacht. Der Steuervort­eil soll sich nach den sozialdemo­kratischen Konzepten ausschließ­lich nach der Zahl der Kinder rich- ten, egal ob die Eltern verheirate­t oder alleinerzi­ehend sind. Bekannt ist auch, dass sowohl Union als auch SPD über ein Baukinderg­eld nachdenken. Nach recht weit gediehenen Überlegung­en aus CDU und CSU könnte das etwa so aussehen: Eine Familie, die ein Eigenheim baut oder erwirbt, würde pro Kind jährlich 1200 Euro bekommen, und das zehn Jahre lang. Bei einer Familie mit drei Kindern kämen so 36000 Euro zusammen. In manchen Gegenden Deutschlan­ds entspräche das etwa zehn Prozent des Werts eines Eigenheims.

Die sozialdemo­kratische Bauministe­rin Barbara Hendricks hatte kürzlich ebenfalls laut über ein Baukinderg­eld nachgedach­t. Nach ihrem Vorschlag sollte es nur in Wohnungsmä­rkten bezahlt werden, in denen sich die Immobilien in den vergangene­n Jahren stark verteuert haben. Auch die schrittwei­se Abschaffun­g von Kita-Gebühren könnte es laut Seehofer in das Wahlprogra­mm der Union schaffen. Doch mit seiner Forderung, Bildung müsse von der Kita bis zum Studienabs­chluss kostenfrei sein, hat SPD-Chef Martin Schulz in diesem Bereich bereits vorgelegt. Die Rot-Rot-Grüne Koalition im Berliner Senat hat die kostenfrei­e Bildung sogar schon beschlosse­n.

Beide Parteien denken an ein Baukinderg­eld

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