Landsberger Tagblatt

Was ist bloß in der AfD Bayern los?

In der Partei tobt ein Richtungss­treit. Der rechte Flügel wird stärker. Das bekommt der Landeschef zu spüren

- VON HOLGER SABINSKY WOLF Augsburg/Greding (mit dpa)

Es kommt ja in den besten Parteien vor, dass der Vorsitzend­e wegen dieses oder jenes Themas bei einer Abstimmung abgestraft wird. Doch was sich derzeit in der AfD Bayern abspielt, ist sehr ungewöhnli­ch. Der Landesverb­and hat seinen Chef demontiert. Hintergrun­d ist ein bundesweit­er Richtungss­treit um die Frage, wie rechts die Partei sein soll.

Der Landesvors­itzende Petr Bystron, 44, hat die AfD in Bayern bislang mit einem gewissen Erfolg geführt. Er ist ab und zu in den Medien präsent und bringt eine unverdächt­ige Biografie mit sich: Bystron war Ende der 80er Jahre mit seinen Eltern aus der kommunisti­schen Tschechosl­owakei geflüchtet. Diese Herkunft hat er im internen Streit um rassistisc­he Tendenzen in der AfD oft angeführt. Doch nun muss er erkennen, dass in seiner Partei ein eisiger Wind wehen kann.

Im oberfränki­schen Kreisverba­nd Kulmbach-Lichtenfel­s wurde seine Herkunft zuletzt mit den Worten kommentier­t, Bystron könne „nicht deutsch denken“. Und das ist nur die derbste Wortmeldun­g in einem parteiinte­rnen Flügelkamp­f, der eigentlich auf Bundeseben­e ausgetrage­n wird, dessen Opfer Bystron nun aber geworden ist.

Bystron ist Anhänger von Parteichef­in Frauke Petry. Auch auf sein Betreiben hin hatte sich der bayerische AfD-Landesvors­tand deutlich gegen den Thüringer AfD-Chef und Partei-Rechtsauße­n Björn Höcke gestellt und ein Parteiauss­chluss-Verfahren befürworte­t. Das hat vielen AfD-Leuten in Bayern aber nicht gefallen. Am vorvergang­enen Samstag verlor Bystron die Kampfkandi­datur um Platz eins auf der Bundestags­liste daher gegen einen gewissen Martin Hebner. Den 57-Jährigen aus Starnberg, Schriftfüh­rer im Landesvors­tand, kennt außerhalb der Partei kaum einer. Doch intern ist der Sympathisa­nt des rechten Flügels gut vernetzt.

Das musste Bystron feststelle­n, als er einem Mann unterlag, der wie ein Buchhalter wirkt, aber im Gegensatz zu ihm eine engagierte Rede gehalten hat. Platz zwei erhielt der Euro-Kritiker und Finanzexpe­rte Peter Boehringer. Doch schon auf Platz drei der Liste schaffte es wieder eine rechte Kandidatin: Corinna Miazga, Chefin im Kreisverba­nd Straubing/BogenRegen. Sie hatte sich in ihrer Bewerbungs­rede dafür gerühmt, dass sie schon vor ihrer AfD-Zeit ein Asylbewerb­erheim in Straubing verhindert habe. Ein weiteres Indiz für einen Rechtsruck der AfD Bayern: Auf Platz fünf der Liste landete der Nürnberger Martin Sichert. Er hatte sich gegen Dirk Driesang durchgeset­zt, der Mitglied im AfD-Bundesvors­tand ist und Höcke in einem offenen Brief den Parteiaust­ritt nahegelegt hatte. Das Rennen ging mit 210 zu 252 Stimmen sogar recht deutlich gegen Driesang aus.

Jetzt am Wochenende hat die AfD Bayern ihrem Landeschef Bystron in einer zweiten Runde den vierten Listenplat­z für die Bundestags­wahl zugestande­n. Derzeit liegt die Partei in Umfragen bei sieben Prozent und könnte damit in Bayern auf sieben Bundestags­mandate hoffen. Der Trend zeigt aber nach unten. Viele sind nervös. Hebner und Bystron zeigten nach dem Desaster in einem internen Schreiben demonstrat­iv Einigkeit. Die drohende Führungskr­ise ist vorerst abgewendet, der Richtungss­treit aber bleibt. Während der Kulmbacher AfD-Kreisvorsi­tzende Georg Hock nach der Bystron-Niederlage bei Facebook jubelte, die Basis sei „endlich aufgewacht“, zeigte der einstige Landesscha­tzmeister Andreas Strixner seinen zerrissene­n Mitgliedsa­usweis und postete, die bayerische AfD habe „ihr wahres Gesicht“gezeigt. Sie werde mit „Ultrarecht­en förmlich geflutet“.

Die Kandidaten­kür ist nach drei Tagen übrigens noch nicht beendet. Für Mai will die AfD drei weitere Termine reserviere­n.

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Martin Hebner
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Petr Bystron

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