Thiel und Boerne sind spitze
Schon lange haben nicht mehr so viele Menschen eine „Tatort“-Folge gesehen wie am vergangenen Sonntag. Warum aber ist das Ermittler-Duo aus Münster derart erfolgreich?
Wenn Axel Prahl als Kommissar und Jan Josef Liefers als Gerichtsmediziner im Münsteraner „Tatort“auf Mörderjagd gehen, schalten regelmäßig Millionen Zuschauer ein. Doch eine derart hohe Einschaltquote wie bei der letzten Folge „Fangschuss“erzielte das Ermittler-Duo Thiel und Boerne noch nie: 14,56 Millionen Zuschauer saßen am Sonntagabend vor dem Fernseher – so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr. 1991 hatte Ulrike Folkerts als Lena Odenthal 14,46 Millionen Zuschauer.
„Ihr seid ja wahnsinnig“, freute sich Prahl gestern auf Facebook. „Jedem Einzelnen der 14 Millionen höchstpersönlich herzlichen Dank.“Liefers postete ein Video, nachdem er von der Spitzen-Quote des Falles erfahren hatte. Er und Prahl sagen darin kaum mehr als: „Komm, das kannst du mir nicht erzählen! Echt?“Das Video hatte gestern Abend mehr als 187 000 Aufrufe.
Was aber ist das Erfolgsgeheimnis des „Tatorts“aus Münster? „Das Duo Thiel und Boerne funktioniert deshalb so gut, weil die beiden Charaktere so gegensätzlich sind“, meint Sabine Pofalla, Mitbetreiberin eines der größten „Tatort“-Fanforen im Internet. „Einerseits der kumpelhafte Polizist Thiel, anderseits der neunmalkluge Rechtsmediziner Boerne – da sind Spannungen programmiert.“
Die Frotzeleien der beiden haben mittlerweile in der Tat Kult-Status erreicht: „Boerne lebt in einer sehr harmonischen Beziehung – mit sich selbst“, stichelt Thiel beispielsweise in einer Folge. Boerne lässt hingegen kaum eine Gelegenheit aus, um auf der Herkunft seines Kollegen aus St. Pauli herumzureiten.
Und dennoch. Für die Folge vom Sonntag fielen die Kritiken eher mäßig aus. Der stern kommentierte gar vernichtend: „Nach 30 gemeinsamen Fällen wurde jeder mögliche Witz einmal gemacht – die Krimis aus Münster waren noch nie für ihren besonders feinsinnigen Humor bekannt.“„Tatort“-Fan Sabine Po- falla, die selbst aus Münster stammt, hält dagegen: „Ich glaube, das Konzept funktioniert gerade deswegen so gut, weil das Publikum das Duo wegen seines Humors so lieb gewonnen hat, dass es jeder Folge entgegenfiebert.“Warum aber ausgerechnet am vergangenen Sonntag so viele Menschen wie selten zuvor eingeschaltet haben, kann sich auch der Westdeutsche Rundfunk nicht so recht erklären. Sprecherin Barbara Feiereis sagt: „Bei dem großen Erfolg dieses Falles zeigt sich, dass das Gemeinschaftsbedürfnis im Fernsehen besonders hoch ist.“
Die Folge „Fangschuss“, in der Thiel und Boerne den Mord an einem Journalisten aufklären, kam offensichtlich bei jüngeren wie älteren Zuschauern gut an. Doch vor allem der hohe Marktanteil von 35 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen trug zum Erfolg dieses Falles bei.
Noch im Herbst soll der nächste Fall aus Münster ausgestrahlt werden. Die bisher beste Episode war übrigens „Schwanensee“– mit 13,63 Millionen Zuschauern.