Landsberger Tagblatt

Der Biber ist kein Freiwild

Aufruf inder Hof st ettenerBür­g er versammlun­g war nicht korrekt.Bib erbauten dürfen nicht ohne Genehmigun­g zerstört werden. Landkreis sucht derzeit neue Biberbeauf­tragte

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R Landkreis

Sie gehören inzwischen wieder zur heimischen Kulturland­schaft, die Biber und ihre Bauten. Ebenso auffällige, aber gleichzeit­ig unweigerli­che Konsequenz­en der tierischen Bauarbeite­n sind die zur Gewinnung von Baumateria­l gefällten Bäume und teilweise aufgestaut­en oder umgeleitet­en Wasserläuf­e, die vielen Gemeinden oder Landbesitz­ern durchaus Probleme bereiten können. Deshalb hat sich Hofstetten­s Bürgermeis­ter Benedikt Berchtold auch beim Landratsam­t die Genehmigun­g erteilen lassen, eine unbesetzte Höhle und einen Damm zwischen Hofstetten und Grünsink entfernen zu dürfen.

Der Wassergrab­en, so erklärt der Bürgermeis­ter dem LT, diene der Gemeinde zur Straßenent­wässerung. Vor allem während Starkregen­ereignisse­n habe dieser sich als äußerst hilfreich bei Überflutun­g von Straßen erwiesen. Nun bestand die Gefahr, dass diese Eigenschaf­t verloren geht, wenn dort Wasser – und das ist nun mal die Absicht des tierischen Nagers – aufgestaut anstatt abgeleitet werden würde. Im Falle Hofstetten­s und angesichts der zu befürchten­den Schäden in der Straßenent­wässerung gab es für die Gemeinde die Freigabe, die Biberbauwe­rke zu entfernen.

In der Bürgervers­ammlung vergangene­n Mittwoch sagte der Bürgermeis­ter jedoch einen Satz, den er im Nachhinein sehr bedauert. Er sprach davon, dass auch Spaziergän­ger „jedes noch so kleine Bauwerk eines Bibers zerstören sollten“. Was so allgemein daherkam („Das ist wahr, das habe ich so gesagt“), war jedoch anders gemeint. „Ich hatte diesen Satz natürlich auf genau diesen einen Standort an unserem Wassergrab­en bezogen.“

Claudia Lutz, Teamleiter­in Naturschut­z am Landratsam­t, stellt ebenfalls klar: „Unsere Genehmigun­g bezog sich nur auf diesen bestimmten Abschnitt, und die Entfernung­serlaubnis galt auch nur für die Gemeinde.“Das Amt stelle diese auch nicht so einfach vom Schreibtis­ch aus: „Es müssen zahlreiche Parameter überprüft werden wie Schonzeit oder nicht, wie sind die Auswirkung­en, entsteht eine ge- fährliche Situation und vieles andere mehr.“Dies leitet in der Regel ein Biberberat­er des Landratsam­tes ein, der vor Ort die Situation in Augenschei­n nimmt und dann eine Stellungna­hme abgibt. Zwei solcher ehrenamtli­cher Berater hat das Landratsam­t derzeit, einer davon, Paul Zahn, scheidet in Kürze aus. Deshalb sucht das Landratsam­t derzeit einen Nachfolger für diese Tätigkeit. Die Aufgabe, so teilte der Sprecher des Landratsam­tes Wolfgang Müller mit, erfordere zwischen fünf und 15 Stunden im Monat und könne zeitlich flexibel ausgeführt werden. Die Biberberat­er, es können auch Beraterinn­en sein, erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädig­ung und sind unfall- sowie haftpflich­tversicher­t. Für die Untere Naturschut­zbehörde erfüllen sie eine wichtige Aufgabe. Claudia Lutz: „Biber stehen unter einem besonde- ren und strengen Schutz.“Daher sei auch jede eigenständ­ige Veränderun­g an Burgen oder Dämmen unzulässig und müsse unbedingt mit dem Landratsam­t abgeklärt werden.

Dieses beauftrage dann seine Biberberat­er, bestimmte Situatione­n zu klären und auch vor Ort zu beraten. Aufgrund derer Stellungna­hme werden die Kollegen auch unter umständen über erforderli­che Zugriffsma­ßnahmen oder Schadensau­sgleichzah­lungen entscheide­n.

So wie im Fall Hofstetten auch. Der Biberbeauf­tragte stellte im dortigen Wassergrab­en eine Höhle – keinen Biberbau – und einen Damm fest. Das Landratsam­t erteilte die Beseitigun­gsgenehmig­ung, da zudem die beiden Bauwerke offenbar vom Biber nicht mehr genutzt wurden. Benedikt Berchtold: „Ich war vor einer Woche dort und hab kein Tier mehr angetroffe­n.“Inzwischen weiß auch er es genau. Aufmerksam gemacht durch den LT-Artikel am Wochenende („Auch der Biber will in Hofstetten bauen“) hatte Claudia Lutz Kontakt mit dem Bürgermeis­ter und ihm die Regeln verdeutlic­ht. „Das werde ich am Donnerstag im Gemeindera­t noch einmal deutlich machen“, verspricht der Bürgermeis­ter, der zum gemachten Fehler steht. Sollte der Biber zurückkehr­en, ist dennoch Zurückhalt­ung angesagt. Claudia Lutz: Dann muss es uns erneut gemeldet werden.“Und: Derzeit ist Schonzeit für das streng geschützte Tier.

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Archivfoto: Birgit Haschka Egal, ob Schonzeit oder nicht: Bevor gegen einen Biber und seine Bauwerke vorgegange­n wird, muss erst die Untere Naturschut­z behörde am Landratsam­t hinzugezog­en werden.

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