Landsberger Tagblatt

Wenn Algerier in Italien Pizza machen

Warum immer mehr Ausländer Einheimisc­he nicht nur in Imbissen ablösen

- Rom (dpa)

Die Pizza ist ein Klassiker, weltweites Markenzeic­hen der italienisc­hen Küche, ein Stück nationale Identität. Italien reichte gar einen Antrag bei der Unesco ein, um die Pizza zum Weltkultur­erbe zu erheben. Italiener vergleiche­n die Herstellun­g einer guten Pizza gerne mit Kunst – schließlic­h beschäftig­en sich Akademien von Mailand bis Bari damit, der nächsten Generation das Handwerk beizubring­en.

Doch in vielen Städten haben ausländisc­he Pizzabäcke­r die einheimisc­hen „Pizzaioli“abgelöst. Nach Angaben der Industrie- und Handelskam­mer in Mailand führen zugewander­te Inhaber die Hälfte aller Pizzerien in der Metropole. Auch in Bologna werden Margherita und Co. zu 45 Prozent von Nicht-Italienern produziert, gefolgt von Turin mit 38 Prozent. Je weiter es Richtung Süden geht, desto italienisc­her wird die Pizza wieder: In Rom ist jede fünfte Pizzeria in ausländisc­her Hand. In Neapel, der Wiege der Pizza, ist es nicht mal ein Prozent.

Man müsse zwischen Pizzeria-Inhaber und Pizzabäcke­r unterschei­den, sagt Luciano Sbraga, Vizepräsid­ent des Unternehme­rverbandes FIPE. „Ungefähr 15 Prozent der Pizzeria-Inhaber in ganz Italien stammen aus dem Ausland“, sagt Sbraga und betont, dass die Pizzerien in kleineren Orten größtentei­ls von Einheimisc­hen geführt werden. Die Zahl der ausländisc­hen Pizzeria-Inhaber in den Städten wachse aus wirtschaft­lichen Gründen: „Wer heute eine Pizzeria aufmacht, kann nicht mehr damit rechnen, das große Geschäft zu machen.“Für viele Italiener sei der Ertrag, den eine Pizzeria abwirft, zu klein. Ausländisc­he Unternehme­r hätten oft geringere Anforderun­gen: „Ihr Ziel ist es in erster Linie, eine Arbeit und ein Einkommen zu haben.“

Richtig internatio­nal wird es dann am Pizzaofen: Nach Angaben der Mailänder Industrie- und Handelskam­mer kommen die meisten ausländisc­hen Pizzabäcke­r aus nordafrika­nischen Staaten wie Ägypten oder Tunesien sowie aus Pakistan und Bangladesc­h. „Nordafrika­ner haben ein großes Geschick dafür, die Kunst des Pizzabacke­ns zu erlernen, schon aus kulturelle­n Gründen“, sagt Sbraga. Sie könnten auf eine mehrere tausend Jahre alte Tradition des Brotbacken­s zurückblic­ken, der Backofen wurde gar in Ägypten erfunden. „Zudem sind sie fleißige Arbeiter, lernen schnell und sind bereit, richtig anzupacken.“

Das heißt: Vor allem arbeiten sie für weniger Geld. Ein „Pizzaiolo“schuftet oft sechs Tage pro Woche im Schichtdie­nst für 1000 bis 1500 Euro im Monat. Weil viele Italiener das nicht akzeptiere­n, finden Pizzerien in Einwandere­rn bereitwill­ige Arbeitskrä­fte. Oft arbeiten sie sich vom Teller- und Salatwäsch­er zum Pizzabäcke­r hoch.

Ganz unbeeinflu­sst von fremden Esskulture­n bleibt der italienisc­he Klassiker nicht. Karim S. betreibt seine Pizzeria in Rom. Der Algerier verkauft die Pizza auf typisch römische Art: „al taglio“, stückweise auf die Hand. Sein Lokal ähnelt einer Imbissbude – zur Pizza bietet er Kebab und Falafel an. Auf der Eingangstü­re steht groß „Pizzeria“, darunter „Halal Food“. Karims Pizzeria ist eine Fusion zwischen arabischer und italienisc­her Küche, auf dem Tresen liegt Couscous neben der Pizza ai Funghi.

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Foto: von Rohr, dpa Der Pizzabäcke­r Karim S. steht in sei nem Laden in Rom.

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