Landsberger Tagblatt

Lkw Fahrer dringend gesucht

Der Transport-Riese Dachser aus dem Allgäu will dieses Jahr weiterwach­sen. Das Personal für die Straße bildet man nun selbst aus

- VON MICHAEL KERLER München

Das Logistikun­ternehmen Dachser aus Kempten sorgt dafür, dass Käse oder Joghurt den Weg frisch in den Supermarkt findet. Der Betrieb ist über Jahre gewachsen und hat 2016 „neue Höchstmark­en“erreicht, wie Firmenchef Bernhard Simon am Dienstag in München bei der Vorstellun­g der Jahreszahl­en sagte. Dieses Jahr peilt Dachser neue Rekorde an. Doch dafür das Personal zu finden, ist gar nicht so einfach. Der Markt für Fachkräfte wird knapper. Dies gilt auch für einen Berufszwei­g, der für ein Transportu­nternehmen besonders wichtig ist – die Lkw-Fahrer. Bei Dachser hat man sich deshalb entschloss­en, selbst etwas gegen den Brummifahr­er-Mangel zu tun.

Vor drei Jahren hatte Dachser begonnen, in einer eigenen Gesellscha­ft Berufskraf­tfahrer auszubilde­n. Die ersten Azubis schließen nun die Lehre ab – Anlass, eine erste Bilanz zu ziehen. „Wir wollten nicht in das Lamento einstimmen, dass in Deutschlan­d 20000 Fahrer fehlen“, erinnerte sich Simon. Dachser beschäftig­t zwar selbst im großen Stil keine Fahrer, kooperiert aber mit Fuhruntern­ehmern, die dringend Fahrer brauchen. Eine der ersten Lektionen, die man in dem Projekt lernen musste: Das Image des Fahrerberu­fs muss verbessert werden. In den Köpfen herrschen zu viele Klischees. So habe man bei Dachser den Kontakt zu Schulen und Eltern gesucht, sei auf Jobmessen gegangen und machte klar, was es bedeutet, „einen zukunftsfä­higen Arbeitspla­tz zu haben“, sagte Simon gestern. Anfangs gab es unter den Lehrlingen zwar „ähnlich hohe Fluktuatio­nsraten, wie man sie aus der Branche kennt“, doch inzwischen ist der Enkel des Firmengrün­ders zufrieden.

Derzeit bildet das Unternehme­n 130 Azubis zu Kraftfahre­rn aus – darunter zehn Frauen. Für sie geht es nicht nur um das Fahren, sondern auch um den richtigen Kontakt zu den Kunden oder die Kunst, eine Ladung gut zu sichern. Nicht umsonst dauert die Ausbildung drei Jahre. Das Durchschni­ttsgehalt beträgt in Süddeutsch­land danach rund 2400 Euro, berichtet man bei Dachser. „Wer meint, in der Logistik allein mit billigsten Löhnen zu punkten, der irrt“, sagte der Firmenchef.

Mit dem Herzen bei der Sache ist Simon auch, wenn es um Flüchtling­e geht: Zum 1. März hatte Dachser mit 42 Flüchtling­en ein Beschäftig­ungsverhäl­tnis, 19 waren in Ausbildung, 39 machten zum Beispiel ein Praktikum. „Wir sind ein internatio­nales Unternehme­n“, sagte Simon. Scharf kritisiert der Firmenchef aber staatliche Stolperste­ine für die Flüchtling­sintegrati­on.

Da sind zum einen unterschie­dliche Regeln zwischen den Bundesländ­ern. Einmal habe man 1000 Euro Strafe zahlen müssen, weil die Papiere eines Flüchtling­s im Saarland ausgestell­t wurden statt in Bayern, sagte Simon. Zudem sieht er die Gefahr, dass Flüchtling­e nach der Ausbildung doch wieder ausreisen müssen. „Wenn die Integratio­n nach zwei oder drei Jahren funktionie­rt, hätten wir auch gerne die Gewissheit, dass sich die Investitio­n gelohnt hat“, sagte Simon und forderte die „radikale Verkürzung der Asylverfah­ren auf ein halbes Jahr“.

Der Dachser-Erfolg nutzt auch der einheimisc­hen Bevölkerun­g: Der Logistik-Riese steigerte 2016 den Umsatz um 1,7 Prozent auf 5,71 Milliarden Euro. An über 400 Standorten arbeiten weltweit rund 27450 Mitarbeite­r, allein im Allgäu wuchs ihre Zahl um 49 Stellen auf 2292. Angaben zum Gewinn machte das Familienun­ternehmen nicht, man sei mit den Überschüss­en aber „sehr zufrieden“, versichert­e Simon. Und in Zukunft will Dachser weiter kräftig investiere­n – zum Beispiel in die Digitalisi­erung und die IT. Das bedeutet auch Wachstum für das Haupthaus in Kempten.

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Foto: Martina Diemand Sieht im Berufskraf­tfahrer eine Arbeit mit großer Zukunft: Dachser Chef Bern hard Simon.

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